Kultur

Die "Blödiane Gottes" als Weltverbesserer

Nein, wir befinden uns hier nicht bei den Clown Doctors - auch wenn das 1978 von Peter Barnes verfasste Stück "Rote Nasen" heißt.

Wir befinden uns im Frankreich des Jahres 1348. Die Pest wütet und hat bereits die halbe Bevölkerung dahingerafft. In diesen Zeiten von Tod und Verwesung haben manch abgründige Umtriebe Hochkonjunktur. "Die Flagellanten" ziehen umher, um unter den armen Sündern die Technik der Selbstgeißelung zu verbreiten. Und die Totensammler, oder "Schwarzen Raben", verbessern ihre Geschäftsgrundlage, indem sie die Pest nur noch weiter verbreiten.

Gott will Spaß

In diesen Zeiten höchster Krise schart der einfache Priester Flote aus Auxerre eine Bruderschaft der „Roten Nasen“ um sich. Sie erzählen den Sterbenden Witze, um wenigstens ein bisschen Licht und Lachen ins Dunkel zu bringen, denn: „Gott will Spaß!“ - davon ist er überzeugt.

Er und seine blinden Jongleure, stotternden Witzeerzähler und lüsternen Ex-Nonnen werden allerdings schon bald zum Werkzeug des machtgierigen Papstes - ohne es zu wissen. Der Klerus schickt den "Blödianen Gottes" in der Person des Toulon (Randolf Destaller) einen Spion und Aufpasser, der aber schließlich selbst zum ulkigen Spaßmacher mutiert.

Mittelalter-Flair

Alle Inhalte anzeigen
Regisseur und Intendant Bruno Max setzt im Wiener Theater Scala kaum auf aktuelle Zitate, sondern mehr auf Mittelalter-Flair. Manchmal lassen auch die "Ritter der Kokosnuss" von Monty Python's grüßen - wenn etwa auf den Knien rutschende Mönche ins Bild kommen und sich absurder Slapstick allzu sehr Bahn bricht. Das Bühnenbild ähnelt einer gotischen Krypta, was vor allem bei düster ausgeleuchteten Szenen mystisch wirkt.

Doch das Stück selbst vermag nur bedingt zu faszinieren. Das liegt zum Teil an den etwas altbacken wirkenden Späßen. Da holt sich sogar der blinde Jongleur Le Grue, der sich als Fremdenführer betätigt, am meisten Lacher ab. Obwohl man inklusive Pause drei Stunden im Theater verbringt, entwickeln sich nur wenige der vielen Figuren. Und wenn sie es tun, dann sehr abrupt. Wie etwa der knallharte Militär Rochfort (Ronnie Seboth), der zum Schluss, ganz im Shakespearschen Sinne, noch seinen Blutzoll fordert.

Alle Inhalte anzeigen
Die Hauptfigur des Weltverbesserers Flote wird von Leopold Selinger mit reichlich Naivität ausgestattet, was für diese Rolle stimmig ist. Ein Mann, der ausschließlich das Gute befördern will, kann allerdings auf der Bühne ziemlich schnell schmalzig wirken.

Hemmungslos outriert werden darf freilich in einer Art "Theater im Theater", in dem die fahrende Spaßkompanie das Spiel vom "Jedermann" aufführt. Diese und auch ein paar andere Szenen der munteren "Floties" lassen den nötigen grotesken Witz aufleuchten.

Papst heult mit den Wölfen

Alle Inhalte anzeigen
Eindringlich sind die Szenen des Papstes Clemens VI. (Jörg Stelling). Dieser verschanzt sich in Avignon vor der Pest in einem verglasten Schrank und doziert über seine Machttechniken. "Ich brauche Wölfe, Schäfchen hab' ich schon genug!" sagt er. Hier macht sich einer schon bereit für die spätmittelalterliche Zeitenwende.

Am Ende ist die Pest besiegt. Aber ist das nun der "Sieg der Hoffnung über die Erfahrung", den Flote eingangs versprochen hat? Der Papst heult wie ein Wolf und belehrt die "Floties" eines Besseren.

KURIER-Wertung: *** von *****

INFO: "Rote Nasen“ von Peter Barnes. Theater Scala. Jeweils Di.-Sa. bis 25. Mai. Wiedner Hauptstraße 108,1050 Wien Tel. 01/544 20 70.
www.theaterscala.at