Kultur

Deutscher Buchpreis: So sind die Finalisten

Seit es den Deutschen Buchpreis gibt, wird über die Auswahl gestritten. Heuer zu Recht: Dass es der Grazer Clemens J. Setz mit "Die Stunde zwischen Frau und Gitarre" nicht unter die letzten Sechs geschafft hat, ist ein Skandal.

Ein sehr kleiner halt.

Preisverleihung ist am Montag (12. Oktober). Für vier Deutsche und zwei Schweizer ( Schwitter, Lappert) geht es um 25.000 Euro und den Sprung in die Bestsellerlisten. Der Jury gehört der kommende Intendant der Salzburger Festspiele Markus Hinterhäuser an. Der KURIER stellt kurz die Nominierten vor.

Jenny Erpenbeck

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Die Favoritin, schon wegen des Themas: Ein pensionierter Uniprofessor, sonst mit dem Kopf beim 11. Gesang der Odyssee, lässt sich auf die Welt ein: Er geht auf die afrikanischen Flüchtlinge zu, die in Berlin im Hungerstreik sind, weil sie bleiben wollen, arbeiten wollen, leben wollen. "Gehen, ging, gegangen" (Knaus Verlag) hat zum Teil authentische Geschichten – und immer notwendige Worte.

KURIER-Wertung:

Monique Schwitter

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"Eins im Andern" ist im Grazer Droschl Verlag erschienen, dem einzigen Vertreter Österreichs, und ist Mitfavorit: Es googelt eine Frau die erste Liebe ihres Lebens – und erfährt: Er hat sich umgebracht. Sie googelt weiter, geht ihre Männer durch, aus zwölf besteht der Reigen. Wohin geht die Liebe, wenn sie geht? Seltsame Antwort: Hauptsache, man lernt durch die Beziehungen, allein zu gehen.

KURIER-Wertung:

Rolf Lappert

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"Über den Winter" ( Hanser Verlag) ist eine sehr langsame Familiengeschichte, in der ein knapp 50-jähriger Künstler ein ertrunkenes Flüchtlingskind sieht und 400 Seiten braucht, bis er die Arme ausbreitet und verzweifelt schreit. Andere machen das schneller.

KURIER-Wertung:

Inger-Maria Mahlke

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"Wie ihr wollt" (Berlin Verlag) spielt in der Shakespeare-Zeit und ist keine Komödie, sondern finsteres Kammerspiel über Mary Grey, Cousine von Elisabeth I. Eingesperrt war sie, weil sie ohne Erlaubnis den Pförtner geheiratet hat. Jetzt schreibt sie Tagebuch und dokumentiert die Machtspiele. Moderner historischer Roman ohne Wanderhuren.

KURIER-Wertung:

Frank Witzel

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"Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969" (Matthes & Seitz Verlag) zeigt schon im Titel, wie gewaltig der Roman ist. Ein verunsicherndes Durcheinander auf 800 Seiten über das Deutschland der Sechziger- und Siebzigerjahre. Hauptfigur ist ein 14-Jähriger. Er spielt mit Manderln: Gudrun Ennslin ist eine Indianersquaw aus braunem Plastik, Andreas Baader ist ein Ritter mit schwarzer Rüstung. Ist der Bub schon Terrorist? Von den Nominierten das persönliche Lieblingsbuch.

KURIER-Wertung:

Ulrich Peltzer

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"Das bessere Leben" (Verlag S. Fischer) folgt drei ehemaligen Linken, die nun Manager sind und Zyniker, rund um die Welt. Es wird nicht belehrt, es wird bloß beschrieben, wie Illusionen verloren gehen. Warum handelt man so und nicht anders? Entsteht eine Biografie nur aus dummen Zufällen? Gute Fragen – man würd’ ja gern mit dem Buch in Dialog treten, aber es ist furchtbar anstrengend.

KURIER-Wertung: