Kultur

Der "Fall Gurlitt" und die Zukunft des Salzburger Bilderschatzes

Die Einigung der bundesdeutschen und bayrischen Regierungen mit dem Kunstsammler Cornelius Gurlitt am Montag löste Euphorie, aber auch viel Kritik aus.

Fachleute fordern, dass die 238 Kunstwerke, die bis Februar in Gurlitts Salzburger Haus lagerten, ebenfalls untersucht und gegebenenfalls zurückgegeben werden. Wie der KURIER erfuhr, könnte dies bald auf Eigeninitiative Gurlitts geschehen.

Wertvoll

Die Salzburger Sammlung beinhaltet u.a. ein Monet-Gemälde der Londoner Waterloo Bridge und gilt als wertvoller als die rund 1300 Bilder, die 2012 in Gurlitts Münchner Wohnung beschlagnahmt worden waren.

Der Kunstschatz – er lagert derzeit an einem geheimen Ort in Österreich – war nie in Reichweite der deutschen Behörden und ist daher vom nun geschlossenen Abkommen nicht direkt betroffen. Der deutsche Bund und Bayern tragen allerdings "die Kosten für die Herkunftsforschung, auch für den Fall, dass weitere, bisher nicht beschlagnahmte Kunstwerke eingebracht werden sollten" – Gurlitt könnte die Werke also untersuchen lassen.

"Eigene Lösung"

Auf KURIER-Anfrage erklärte Sprecher Stephan Holzinger jedoch, dass man auf Seite des Sammlers eher daran denke, parallel zur Provenienzforschung der öffentlich finanzierten "Taskforce" "eine eigene Lösung zu schaffen – mit renommierten Forschern, deren Ergebnisse wir auf jeden Fall transparent machen werden."

Im Hinblick auf Gurlitts schlechten Gesundheitszustand wolle man der Taskforce keine zusätzliche Arbeit aufladen, sondern die Untersuchungen rasch vorantreiben, so Holzinger. Es seien aber noch keine konkreten Schritte gesetzt worden.

Anfrage aus Österreich

Holzinger bestätigte auch, dass ein österreichisches Museum im Bezug auf die Sammlung bei Gurlitts Vertretern bereits "eine Anfrage platziert hat" – welches Haus es war, wollte er nicht sagen. Das Salzburger Museum der Moderne (MdM) dementierte gegenüber dem KURIER jegliches Interesse.

Generell sind noch viele juristische Fragen zu klären, bevor Gurlitts Sammlung auf den Markt oder ins Museum gelangen kann. Dass der greise Sammler und seine Anwälte der Forschergruppe gerade ein Jahr einräumen, um die Herkunft von 590 Kunstwerken zu klären, bezeichnen vom KURIER befragte Restitutionsexperten schlicht als realitätsfremd.

Know-how aus Wien

"Ich fände es gut, wenn man uns da als Beratung hinzuziehen würde", sagt Eva Blimlinger, Koordinatorin der österreichischen Kommission für Provenienzforschung. Während die Kommission seit 15 Jahren arbeite, fehle es in Deutschland an Erfahrung, so Blimlinger. Neben der Herkunft der Bilder sei auch zu klären, wer bei Rückgaben anspruchsberechtigt ist. "Man verkennt, was das für eine Arbeit ist."

"Es stellt sich auch die Frage, was mit Bildern geschieht, die als NS-Raubkunst identifiziert werden, aber bei denen die wahren Eigentümer nicht ermittelt werden können", erklärt dazu Rüdiger Mahlo, Repräsentant der Opferorganisation "Claims Conference" in Deutschland. "Eine Rückgabe dieser Werke an Gurlitt ist für uns moralisch nicht akzeptabel."

Bilder aus dem Salzburger Fund