Der Champion: Freddie Mercury
Von Andreas Bovelino
"Schatz, mach's dir schon mal auf der Couch gemütlich, ich bin gleich nach der Arbeit zum Fernsehen daheim." Nein, das ist kein authentifiziertes Freddie-Mercury-Zitat. Aber es entspricht dem, was Bandkollegen und Freunde über die frühen Jahre Freddie Mercurys sagen: Er war exaltiert, theatralisch und extravagant – auf der Bühne. Aber nach den Auftritten ging er nach Hause in seine Zwei-Zimmer-Wohnung. Zu seiner Freundin. Und ja, zum Fernsehen.
"Extrovertiertes Monster", nannte Freddie Mercury selbst die von ihm geschaffene Bühnenpersönlichkeit. Sein alter ego, das nach und nach die Führungsrolle in seinem Leben übernehmen sollte. Und es war ein weiter Weg für den jungen Mann aus gutem Haus, der eigentlich Farrokh Bulsara hieß und als Sohn einer wohlhabenden Parsen-Familie (siehe "Freddie der Parsel") vor 70 Jahren in Sansibar geboren wurde. Farrokh wuchs mehrsprachig auf, neben dem indischen Dialekt der Parsen lernte er früh ein wenig Farsi, die Sprache ihres Herkunftslandes Persien, dazu Swahili, die Verkehrssprache in Sansibar, etwas Arabisch und Englisch. Mit acht Jahren schickten seine Eltern ihn nach Indien an die St. Peter's bei Mumbai, die beste britische Eliteschule außerhalb Großbritanniens. Seiner Tante, die ebenfalls in Mumbai wohnte, fiel auf, dass Farrokh praktisch jedes Lied, das er hörte, fehlerfrei auf ihrem Flügel nachspielen konnte. Also bekam er klassischen Klavierunterricht. Mit 13 gründete er seine erste Schulband, die Hectics. "So schüchtern er sonst auch war – bei Konzerten war er ein extravaganter Performer. Die Bühne war sein Element", erinnert sich eine Schulfreundin. Die englischen Lehrer nannten ihn Freddie statt Farrokh. Und wunderten sich manchmal, dass er alle und jeden, mit dem er sprach, "my dear" oder "darling" – also Schätzchen - nannte ...
1964 beendete die Revolution in Sansibar Freddies wohlbehütetes Leben. Die Familie floh nach England, von ihrem Reichtum konnte sie nichts retten. Die Bulsaras landeten in einem kleinen Haus im Westen Londons, wo Immigranten, vor allem aus Indien und Pakistan, schon in den 60er-Jahren mit ausländerfeindlichen Parolen konfrontiert wurden. Der junge Freddie verbarg seine indischen Wurzeln. "Außerdem", wie Roger Cooke, der Mann seiner Schwester Kashmira, meint, "sah er sich selbst eher als Iraner denn als Inder."
Mary blieb sein Leben lang seine beste Freundin und war auch während seiner letzten Tage an seiner Seite. Freddie Mercury vermachte ihr praktisch sein gesamtes Vermögen. Und einen seiner schönsten Songs: "Love Of My Life".
„Seit den 70ern reden alle immer davon, dass Queen sich auflösen werden, dass ich musikalisch etwas ganz anderes machen werde. Und? Hier sitzen wir jetzt, 13 Jahre später. Vier alte Ladies, die immer noch abrocken.“ Freddie 1985 in einem BBC-Interview.
Einer der größten Freddie Mercury-Fans war Michael Jackson. Nach einem Konzert 1980 in Los Angeles überredete er Merdury den Song "Another One Bites The Dust" als Single herauszubringen. Und ließ sich auch selbst von der Nummer inspirieren. Ein gemeinsames Album scheiterte nur am vollen Terminkalender aller Beteiligten.
Richard Branson organisierte 1976 ein Gratis-Konzert von Queen im Hyde Park. Es kamen mehr als 150.000 Zuschauer. Noch immer eines der größten Konzerte in der Geschichte Londons.
Noch in seinem letzten Lebensjahr, praktisch bis kurz vor seinem Tod, nahm Freddie Mercury noch Songs für das posthum veröffentlichte Album "Made In Heaven" auf. "Schreibt für mich, schreibt, schreibt. Ich muss singen, so lange es noch geht - ihr könnt die Songs dann später fertig machen, sagte er immer zu uns", erklärt Gitarrist Brian May. Und: "Er hatte große Schmerzen. Aber er hatte keine Angst."
Queen waren einzigartig für eine Rock-BAnd: 18 Nummer 1-Albums, 18-Nummer-1-Singles, 10 Nummer-1-DVDs, ca. 300 Millionen verkaufte Platten weltweit. Die 2007 erschienene Greatest-Hits-CD ist mit 5,5 Mio verkauften Exemplaren das erfolgreichste der britischen Charts-Geschichte. For dem "Sgt. Pepper"-Album der Beatles.
Der Rockstar wurde als Sohn einer gläubigen Parsen-Familie in Sansibar geboren. Die Parsen sind Zoroastrier, die in den Jahrhunderten nach der arabisch/islamischen Eroberung Persiens (ab dem 7. Jh.) nach Indien flüchteten. Und so ihre Kultur und Religion weitgehend bewahrten.
Der Zoroastrismus gilt als älteste monotheistische Religion der Welt und entwickelte sich ab etwa 1.800 v. Chr. im östlichen Iran und heutigen Afghanistan. Als Gründer gilt der Prophet Zoroaster oder Zarathustra. Humata, Hukhta, Huvarshta – gute Gedanken, gute Worte, gute Taten gelten als Grundlage des Glaubens. Die jüdisch/christliche Vorstellung von „Himmel„ und „Hölle“ bzw. „gut“ und „böse“ entstammen dem Zoroastrismus. Die „Avesta“ ist das heilige Buch dieses Glaubens, in so genannten „Feuertempeln“ wird der Gott Ahura Mazda angebetet, der das reine Gute verkörpert.
Neben Freddie Mercury sind Dirigent Zubin Mehta und die indische Industriellenfamilie Tata die berühmtesten Zoroastrier.
Seven Seas Of Rhye (1974)
Innuendo (1991)
Keep Yourself Alive (1973)
One Vision (1985)
Now I'm Here (1975)
Love Of My Live (1975)