Den Bilderrätseln ausgeliefert
Von Peter Pisa
Cees Nooteboom – vielleicht bzw. hoffentlich demnächst Literatur-Nobelpreisträger – würde sich gern in den Gemälden seines niederländischen Landsmanns Hieronymus Bosch einnisten. Ratten symbolisieren angeblich Sex, Muschelschalen Untreue, Schlüssel bedeuten immer Wissen ... aber alle Rätsel, die dieser geheimnisvollste aller Maler in so vielen schrecklichen Details gestellt hat, sind nicht zu lösen.
Er selbst hat sich nie geäußert. Vor 500 Jahren starb er.
Ausliefern muss man sich den Bildern. Cees Nooteboom hat sich damit abgefunden. "Reisen zu Hieronymus Bosch" führten den Schriftsteller leider nicht auf den Schillerplatz nach Wien, wo in der Akademie der bildenden Künste das "Weltgerichtstriptychon" hängt. Ist das zu wenig bekannt?
Im Madrider Prado stellt er sich die Frage: Sieht man die Bilder heute anders als in jungen Jahren? Anders als vor der Renaissance? Vor Hitler? Kann man überhaupt inmitten der gemalten Schmerzensschreie irgendetwas erkennen, ohne die Bibel gelesen zu haben? Wie sehen Menschen die Bilder, die der Meinung sind, Gott sei tot?
Hieronymus Bosch erforschte die Hölle. Mit Adam und Eva fing das Unheil an. Beim berühmten, aus Indonesien stammenden Illustrator Thé Tjong-Khing besteht noch mehr Hoffnung:
"Hieronymus" ist sein Kinderbuch (ohne Worte). Der Bub, dem Fußball, Mütze und Rucksack von Fabelwesen entführt werden, entdeckt die Welt des Schreckens und der Lust ganz in der Nähe seines Elternhauses.
So ist das immer.
Ein erster Blick in den Abgrund, wo die falschen Freunde lauern.
Thé Tjong-Khing:
„Hieronymus“
MoritzVerlag. 48 Seiten. 15,40 Euro.
KURIER-Wertung: ****
Cees Nooteboom:
„Reisen zu Hieronymus Bosch“
Übersetzt von Helga van Beuningen.
Schirmer/Mosel. 77 Seiten. 30,70 Euro.
KURIER-Wertung: ****