Kultur

David Lagercrantz: Östrogen für den Mathematiker

Der Schwede David (Gunnar Fransiscus) Lagercrantz hat’s mit dem Regen.

Das fiel im vergangenen August in der – passablen – Fortsetzung von Stieg Larssons Millennium-Trilogie auf. Es floss kaum Blut in "Verschwörung", aber es regnete und regnete, damit alles schön düster ist, und außerdem blies der Wind..

Vorgestern erschien Lagercrantz’ allererster Roman (aus 2009) auf Deutsch. Gute Idee! Gute Lektüre!

Und es regnete schon damals auffällig. Die Straßen sind voller Wasserlacken, was aber dem britischen Mathematikgenie Alan Turing egal ist, denn er hat daheim einen Topf Gift gebraut (Cyanid) und einen Apfel eingetaucht – wie die Hexe in seinem Lieblingsfilm "Schneewittchen" von Walt Disney.

Eine Apfelhälfte hat er gegessen und sich zum Sterben ins Bett gelegt.

Über den Selbstmord 1954 in der Kleinstadt Wilmslow kann man wohl auch sagen: In den Tod getrieben wurde Alan Turing.

Besseres verdient

"Der Sündenfall von Wilmslow" ist eine gekonnte Mischung aus Krimi und Wissenschaft. Wobei Autor Lagercrantz nicht versucht, den Tod rätselhafter erscheinen zu lassen als er ist.

Es geht darum, Alan Turing zu loben und zu ehren – und sich bei ihm zu entschuldigen. Was Premierminister Brown 55 Jahre später auch tat ("Du hattest Besseres verdient").

Der Mathematiker und Informatiker hatte im Krieg verschlüsselte deutsche Funksprüche entschlüsselt.

Er ist ein Kriegsheld.

Und seine Arbeiten sind Grundlage der modernen Computertechnologie.

Aber alles wurde in den 1950ern vergessen, weil Turing homosexuell war.

Weshalb ihn England jagte und einsperrte. Mit dem Hormon Östrogen wurde er behandelt, bis ihm große Brüste wuchsen und Depressionen.

Mittlerweile gibt es viele gute Bücher über ihn. Aber in Lagercrantz’ Roman wird mit Hilfe eines ermittelnden Polizisten versucht, logisch wie Alan Turing zu denken. Man bekommt ein paar seiner Gedanken mit.

David Lagercrantz:
„Der Sündenfall von Wilmslow
Übersetzt von Wolfgang Butt.
Piper Verlag.
464 Seiten.
22,70 Euro.