Kultur

David Bowie, der Aktionist

Der Umstand, dass David Bowie ein großer Kunstliebhaber, Kenner und Sammler war und gelegentlich auch selbst als Maler und Zeichner auftrat, wird in keiner Biografie des nun überraschend verstorbenen Stars fehlen. Dass das überbordende Interesse den vielseitigen Musiker auch nach Österreich, genauer zu den Wiener Aktionisten, führte, ist eher nur Insidern bekannt. Doch ein Teil der Ästhetik, die der Künstler in Videos und Selbstinszenierungen kultivierte, verdankt sich auch dem Werk von Rudolf Schwarzkogler (1940 – 1969), Hermann Nitsch und der Künstler von Gugging.

Alle Inhalte anzeigen
Explizit wurde diese Verbindung 1995 im Konzeptalbum "Outside". Bowie hatte dem Album eine Kriminalgeschichte zugrunde gelegt, in der die Aktionen von Schwarzkogler und Hermann Nitsch – die im Booklet auch namentlich genannt wurden – die mögliche Inspiration für einen Ritualmord lieferten. Einige Fotos, die im Umfeld dieses Albums entstanden, waren auch konkrete Re-Inszenierungen von Schwarzkoglers Foto-Aktionen.

Bei den Vorbereitungen zu „Outside“ besuchten Bowie und sein Produzent Brian Eno 1994 die Nervenheilanstalt in Gugging bei Wien (heute: „Haus der Künstler“). Die Werke der dort lebenden Menschen wurde oft als „Outsider Art“ bezeichnet. Bowie, der Kunstkenner und -Sammler, engagierte den Aktionisten Nitsch später auch bei der Promotion des Albums.

Alle Inhalte anzeigen
Die Extreme der Kunst - und die Frage, ob auch Mord Kunst sein könnte - interessierten Bowie in jener Phase sehr. Neben Nitsch und Schwarzkogler bemühte der kunstsinnige Popstar bei "Outside" auch noch den AktionskünstlerChris Burden, der sich für seine Aktionen an ein Auto nageln und mit einem Gewehr in den Arm schießen ließ, sowie Damien Hirst als Referenzgrößen. Ein weiterer "Österreicher" in Bowies Universum war Gottfried Helnwein, der seinerseits Schwarzkogler und seine Bandagen als Inspiration nutzte.Helnwein und Bowie trafen einander1991, damals fertigte der Maler auch Porträts des Stars an.

In Bowies aktuellen Videos zu "Lazarus" und "Blackstar" tauchen die Bandagen á la Schwarzkogler und Helnwein erneut auf, allerdings geht es nicht mehr um Kunst und Ritualmorde. Viel eher scheinen Bowies letzte musikalische und visuelle Statements die Frage zu stellen, ob auch der reale Tod noch als Kunst zelebriert werden kann. Bowie singt von Freiheit und von Erlösung: „Schau her, ich bin im Himmel“ – mit diesem Satz beginnt „Lazarus“. Interessanterweise dreht Bowie die Situation um: Jesus erweckte Lazarus laut Johannesevangelium von den Toten. Bei Bowie findet die Erweckung im Jenseits statt.

Alle Inhalte anzeigen