David Bowie, der Aktionist
Von Michael Huber
Der Umstand, dass David Bowie ein großer Kunstliebhaber, Kenner und Sammler war und gelegentlich auch selbst als Maler und Zeichner auftrat, wird in keiner Biografie des nun überraschend verstorbenen Stars fehlen. Dass das überbordende Interesse den vielseitigen Musiker auch nach Österreich, genauer zu den Wiener Aktionisten, führte, ist eher nur Insidern bekannt. Doch ein Teil der Ästhetik, die der Künstler in Videos und Selbstinszenierungen kultivierte, verdankt sich auch dem Werk von Rudolf Schwarzkogler (1940 – 1969), Hermann Nitsch und der Künstler von Gugging.
Bei den Vorbereitungen zu „Outside“ besuchten Bowie und sein Produzent Brian Eno 1994 die Nervenheilanstalt in Gugging bei Wien (heute: „Haus der Künstler“). Die Werke der dort lebenden Menschen wurde oft als „Outsider Art“ bezeichnet. Bowie, der Kunstkenner und -Sammler, engagierte den Aktionisten Nitsch später auch bei der Promotion des Albums.
In Bowies aktuellen Videos zu "Lazarus" und "Blackstar" tauchen die Bandagen á la Schwarzkogler und Helnwein erneut auf, allerdings geht es nicht mehr um Kunst und Ritualmorde. Viel eher scheinen Bowies letzte musikalische und visuelle Statements die Frage zu stellen, ob auch der reale Tod noch als Kunst zelebriert werden kann. Bowie singt von Freiheit und von Erlösung: „Schau her, ich bin im Himmel“ – mit diesem Satz beginnt „Lazarus“. Interessanterweise dreht Bowie die Situation um: Jesus erweckte Lazarus laut Johannesevangelium von den Toten. Bei Bowie findet die Erweckung im Jenseits statt.