"Das weingetränkte Notizbuch"
Von Peter Pisa
Ein Mann und seine Schreibmaschine (wenn sie nicht gerade verpfändet war); und mit vier, fünf Flaschen Wein (gern Müller Thurgau); und mit Mozart oder Rachmaninov im Radio.
Das waren seine schönsten Momente: auf der Suche nach einfachen Worten, wie Geschoße, manchmal auch wie Sonnenstrahlen. Und an seinem Image als dreckiger, alkoholkranker, alter Mann arbeitend.
Vom literarischen Outlaw Charles Bukowski (1920–1994) gibt es rund 50 Bücher. Gedichtbände, Romane. Jetzt der Abschluss: „Das weingetränkte Notizbuch“ (übers. von Malte Krutzsch, S. Fischer, 20,60 Euro). Verschollen gewesene Texte, die der Amerikaner für Underground-Zeitungen geschrieben hatte. Auch für Pornohefte: Er wollte nicht noch länger bei der Post arbeiten, sondern schreiben. Schreiben war ein Teil von ihm wie Leber und Darm – und ungefähr genauso glamourös.
Diamanten
Was hatte Bukowski für eine wilde Muse! Seine Geschichten über die Betrogenen, Obdachlosen, Verrückten konnten Leser vom Barhocker schießen und gleichzeitig deren Herz erweichen.
Tom Waits hat das Phänomen einmal so beschrieben: Bukowski hat Kohlestücke im Kopf, und wenn er in die Tasten haut, dann schießen Diamanten aus seinen Fingern. Das ist in dem neuen Buch mit Storys und Essays aus vier Jahrzehnten genauso. Nicht immer, aber immerhin manchmal.
Hier zieht einer durch leere Straßen, schließt Pferdewetten ab, findet tote Schweineköpfe mit Äpfeln im Maul viel schöner als die Menschen, erinnert sich an den prügelnden Vater ... und hat dabei Stil. Das bedeutete für Bukowski: keinerlei Schutzschild, keinerlei Fassade, völlige Natürlichkeit.