Das Große Egal liegt im Zentrum der Welt
Von Peter Pisa
Es ist bekannt, dass der deutsche Kolumnist und Autor Axel Hacke gern den Osterhasen als Nachbarn hätte. Dann wäre was Neues los in seinem/unserem rätsellosen Dasein.
In einer seiner vielen kleinen Geschichten hat er diesen Wunsch näher ausgeführt. Und verhört hat er sich oft, in drei Büchern, so wunderbar verhört, dass dadurch ein Hype ausgelöst wurde.
Etwa bei Matthias Claudius’ Wiegenlied: "Schlafe in der Flaumen Schoße..."
Muss ein Missverständnis sein, es hat selbstverständlich zu heißen: "Schlafe in der Pflaumensoße." Oder ?
Auch Roland Kaiser singt hoffentlich nicht: "Sie war ein Kind der Sonne / Schön wie ein erwachender Morgen." Sondern: "Sie war ein Kind der Sonne / Schön wie eine Wachtel am Morgen."
Champagner!
So einer ist Axel Hacke. Und jetzt hat er Gott getroffen. Auch etwas Neues im rätsellosen Dasein. An solchen Begegnungen sind allerdings schon andere Autoren gescheitert.
Das Bemühen ist deshalb groß, keine Feierlichkeit aufkommen zu lassen. Er trifft z.B. Gott beim Glascontainer auf der Straße, wo Gott seine Champagnerflaschen hinträgt. Der alte Herr trinkt ziemlich viel. Er kam zu uns, weil er die "Scheißsphärenklänge" satt hat.
Glücklich mit dem, was er hier erschaffen hat, ist er nicht. Gott hofft auf Vergebung. In einer Müllverbrennungsanlage, hinter einer Schiebetür, die es nicht gibt, ist Das Große Egal versteckt. Dieses Bild hat sich der Autor dafür einfallen lassen, dass die Welt an ihrer Gleichgültigkeit zugrunde geht.
Gott sagt: "Der Kern der Welt ist die Gleichgültigkeit. Egal was du tust, egal, was irgendjemand tut, egal, ob du lebst, egal, ob du stirbst ... Es gibt nichts, das dem Großen Egal nicht vollkommen wurscht wäre."
Aber wieso fiel Gott denn sowas ein?
Naja, Gott habe gedacht, das sei Ansporn, etwas Schönes zu hinterlassen – Spuren, weil Menschen ja wollen, dass sie NICHT egal sind.
Dass sie sich auch im Grausamen betätigt haben, um sich zu verewigen – was soll man machen? Auf den Willen folge halt die Tat, es folge das Gute und das Böse.
Nette Geschichte, traurige Geschichte, da gibt’s gar nichts zu meckern. Der Wumbaba war halt nicht gar so bedeutungsschwanger und hatte in der Ironie mehr Pfeffer.
Man erinnert deshalb mit Vergnügen wieder einmal an das von Axel Hacke verewigte Missverständnis: Matthias Claudius (der mit der Soße) dichtete: "Der Wald steht schwarz und schweiget / und aus den Wiesen steiget / der weiße Nebel wunderbar." Ein Kind wiederholte: "... und aus den Wiesen steiget / der weiße Neger Wumbaba."
Axel Hacke:
„Die Tage, die ich mit Gott verbrachte“
Illustriert von Michael Sowa.
Verlag Antje Kunstmann.
112 Seiten. 18,60 Euro.
KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern