Allein am Tanzboden
Von Georg Leyrer
Es gibt keinen einsameren, ja traurigeren Ort als den Tanzboden: Hier flüchtet man vor der Blödheit der Welt ins Selbstvergessen, das aber natürlich durchdrungen bleibt von den Enttäuschungen, die abseits der Bässe und bunten Lichter warten.
Macht ja nichts.
Zumindest gibt es in den Clubs dieser Welt ab Freitag den perfektesten Soundtrack für dieses Unglück am Tanzboden. Daft Punk, das französische Elektro-Duo, hat mit „Random Access Memories“ einen Longplayer aufgenommen, der schon jetzt zu einem der Alben des Jahres gekürt werden kann. Ein hinreißendes Bad in Disco-Nostalgie und jenen schweren Träumen, die den Androiden von heute so plagen: In bester Retro-Manier spielen die Roboter-behelmten Musiker mit dem, was einst für die Zukunft gehalten wurde. Sie verknüpfen Funk mit Science Fiction. Lassen kühle Roboterstimmen zum Tanz aufrufen. Tauchen tief ein in den großspurigen, ernstgemeinten Überschwang, der die Popmusik einst auszeichnete und der längst dem abgeklärten Besserwissen gewichen ist.
„Random Access Memories“ ist eine Abfolge an Erinnerungsanregungen, an einstige Aufbruchsstimmungen, Premieren unterschiedlichster Art und (mittlerweile enttäuschte) Hoffnungen. Und trotzdem fantastisch tanzbar. Es spannt den musikalischen Bogen von den gut gelaunten 70ern bis zur nachdenklichen Zerschlagung des Pop, die nicht zuletzt Radiohead zu verdanken ist. Ein Mitmachmuseum der Tanzmusik. Lustig sind auch die Gastmusiker und -produzenten, von der Discolegende Giorgio Moroder bis zu Nile Rodgers’ unverkennbarem Sound.
Künstlich
Die Roboter sind wieder da, und das ist gut so.
KURIER-Wertung: ***** von *****