Cricket ist Religion
Von Peter Pisa
Wir bekommen es mit einem Sport zu tun, über den Groucho Marx, nachdem er eine Stunde im Stadion zugeschaut hatte, gefragt haben soll: "Wann fängt es denn an?"
Für Inder eine Religion. Und eine Möglichkeit, an Geld zu kommen. Damit sind Korruption und Betrügereien logische Folge. "Golden Boy" verfolgt den Weg zweier talentierter Brüder, deren Vater Chutney-Verkäufer ist. Seine Söhne sollen es besser haben in der großen Stadt, die selbst bei den Einheimischen einmal Bombay, einmal Mumbai heißt – abwechselnd, ohne Hintergedanken. Aravind Adiga steht im Spalt zwischen dem glitzernden und dem elenden Indien. Dort schreibt er. Darüber schreibt er.
Man muss zwar nicht wissen, wo die Off-Stump-Linie liegt. Aber Cricket ist ein ganz schönes Hindernis, um über den gesellschaftlichen Aufstieg lesen zu können – was in Adigas Weltbestseller "Der weiße Tiger" (2008) mithilfe des Sohnes eines Rikschafahrers eh schon besonders gut gelungen ist.
Aravind Adiga:
„Golden Boy“
Übersetzt von Claudia Wenner. Verlag C.H. Beck. 335 Seiten. 22,60 Euro.
KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern