Kultur

Wer das Geld verdient

Rise Like A Phoenix‘ und Conchita Wurst stehen für eine starke Künstlerin und einen starken Song", sagte Fernsehdirektorin Kathrin Zechner, als der Song-Contest-Beitrag im ORF-Zentrum präsentiert wurde.

Wie stark, hätte sich damals niemand träumen lassen. In den heimischen iTunes-Charts rangierte "Rise Like A Phoenix" mit der Studio-Version auf Platz eins und mit der Live-Version vom ESC auf Platz fünf (Stand: 13.5., 10 Uhr).

Musik und Text des Siegertitels stammen von einem deutschen Autoren-Team bestehend aus Charly Mason, Joey Patulka, Julian Maas und Alexander Zuckowski, dem Sohn des Kinderlieder-Autors Rolf Zuckowski. Zusammen hat das Quartett Hits für Adel Tawil, Sarah Connor, aber auch die Boyband Blue und Ashley Tisdale verfasst.

Finanziell gesehen sind die vier wohl die größeren Gewinner. Denn die Songwriter, die Tantiemen beziehen, verdienen an den Radioeinsätzen eines Songs immer mehr als der Interpret.

Höchste Abgeltung

Aktuell zahlt die für die Tantiemen zuständige AKM an die Songwriter bis zu sechs Euro pro Sendeminute im Hörfunk. Wobei es aber nur für Ö3 und FM4 die höchste Abgeltung gibt. Aus Einsätzen in kleineren Privat-Sendern gibt es nur 70 Cent pro Minute. So schauten bei der 88.6-Offensive (der Sender spielte den Song vier Stunden lang) auch nur rund 170 Euro raus. Für den Einsatz des "Rise Like A Phonenix"-Videos im ORF-Fernsehen bekommen die Songwriter dafür 23 Euro pro Minute.

Conchita dagegen kassiert Lizenz-Einnahmen, muss sich als reine Interpretin mit rund 1,3 Euro pro Minute im Radio begnügen. Und die werden erst im Dezember 2015 ausbezahlt.

Welche Einnahmen über den Verkauf des Songs auf iTunes zu erwarten sind, ist vom Vertrag mit dem ORF abhängig, zu dem die Pressestelle aber keine Auskunft geben wollte.

Auch wenn aus dem ESC-Sieg nicht gleich das große Geld zurück in die österreichische Szene fließt, ist sich Thomas Rabitsch (Produzent des ESC-Beitrags von Nadine Beiler) sicher, dass der Conchita-Triumph die Szene beleben wird. "Conchitas Sieg wird eine große Signalwirkung haben, weil man auch im Ausland sieht, dass auch in Österreich Songs von internationaler Qualität produziert werden."

Die spätere Song-Contest-Gewinnerin Conchita Wurst hätte im Halbfinale am vergangenen Donnerstag nicht unbedingt so lange zittern müssen. Ganz im Gegenteil: Wie die Eurovision am Montag bekanntgab, gewann die bärtige Drag Queen aus Österreich mit 169 Punkten bereits ihr Halbfinale souverän. Mit einem Respektabstand von 44 Punkten folgte Rumänien mit Paula Seling & Ovi, die finnische Rockband Softengine kam auf Platz drei.

Im ersten Halbfinale am vergangenen Dienstag konnten sich die Niederlande ebenfalls recht klar durchsetzen. Das Duo The Common Linnets, das in der Nacht auf Sonntag den zweiten Platz im Finale belegte, lag mit 150 Punkten relativ klar von der späteren Drittplatzierten, Sanna Nielsen aus Schweden (131 Punkte).

Conchitas Siegertitel "Rise Like A Phoenix" führt derzeit die iTunes-Charts an. Die Live-Version vom Song Contest lag am Montagmittag auf Platz fünf.

Das genaue Klassement im zweiten Halbfinale:

Land

Interpret

Punkte

1. Österreich

Conchita Wurst

169

2. Rumänien

Paula Seling & Ovi

125

3.Finnland

Softengine

97

4. Schweiz

Sebalter

92

5. Weißrussland

Teo

87

6. Norwegen

Carl Espen

77

7. Griechenland

Freaky Fortune ft. Risky Kid

74

8. Polen

Donatan & Cleo

70

9. Malta

Firelight

63

10. Slowenien

Tinkara Kovac

52

Ausgeschieden im 2. Halbfinale:

Land

Interpret

Punkte

11. Litauen

Vilija Mataciunaite

36

12. Irland

Can-Linn feat. Kasey Smith

35

13. Mazedonien

Tijana

33

14. Israel

Mei Feingold

19

15. Georgien

The Shin and Mariko

15

#Cordobart: Protokoll eines bemerkenswerten Abends

Der Phoenix ist in Wien gelandet. Nach der Sensation von Samstagnacht, als Conchita Wurst den 59. Song Contest gewann, setzte das Flugzeug aus Kopenhagen gestern Mittag am Flughafen Wien-Schwechat auf. In der Ankunftshalle herrschte Stadionatmosphäre: Tausende Fans, Hupen, Österreich- und Regenbogenfahnen, aufgemalte Vollbärte, Plakate mit Botschaften wie „Queen of Love & Tolerance“. Die Menge sang sich in Endlosschleife mit dem Gewinnerlied „Rise Like A Phoenix“ ein.

Um 12.15 Uhr präsentierte sich Wurst perfekt geschminkt und stolz mit der gläsernen Eurovisions-Trophäe in der Hand. Die Polizei musste ihr den Weg durch die jubelnde Menge bahnen. Den Pokal hielt sie fest an ihren Körper gedrückt, ab und zu ein freundliches Lächeln für die Fans, dann war sie entschwunden.

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„Danke, mir geht es sehr gut“

Nicht einmal eine Stunde später stellte sich Wurst in einem Hotel am Flughafen einer Hundertschaft an Journalisten. Keine Anspannung war zu spüren. „Danke der Nachfrage, mir geht es sehr gut,“ sagte sie, müde aber glücklich, und erzählte von ihrer Abreise: „Wir haben hysterisch eingepackt, ich hatte ja so um die 100 Kilo Klamotten mit ...“

Dann folgten aber doch Berichte von Stunden der Anspannung. Im Halbfinale sei sie noch sehr nervös gewesen, im Finale habe sie sich aber richtig gut gefühlt – vor allem, als sie beim Voting erstmals kurz die Führung übernahm. „Ich habe gesagt: Wir sind jetzt gerade eine Minute lang auf Platz eins – genießt das, es wird nicht so bleiben.“ Es kam anders. Das Gefühl, dass tatsächlich eine reelle Chance besteht, sei in den beiden Tagen vorm Finale entstanden.
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Bilder vom Empfang in Wien

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Politische Dimension

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Dass ihr Auftreten und ihr Sieg auch politische Dimensionen haben könnte, hofft die Drag Queen und schärfte ihr erstes Sieger-Statement aus Kopenhagen nach: „Es war nicht nur ein Sieg für mich, sondern ein Sieg für die Menschen, die an eine Zukunft glauben, die ohne Ausgrenzung und Diskriminierung funktionieren kann.“ Ob damit auch Russlands Präsident Wladimir Putin gemeint sei? „Ja, unter anderem.“

Dennoch seien verschiedene Geisteshaltungen nicht an Ländergrenzen festzumachen. Wurst: „Es gibt auch in Russland Ecken, in denen ich sehr willkommen bin.“ Schließlich erhielt sie aus dem Land, in dem ihr Auftritt im Vorfeld kritisiert wurde, sogar fünf Wertungspunkte.

Conchita sorgte allerdings auch nach ihrem Sieg in Russland für heftige Reaktionen. Das Ergebnis zeige „Anhängern einer europäischen Integration, was sie erwartet – ein Mädchen mit Bart“, schrieb etwa Vizeregierungschef Dmitri Rogosin auf Twitter. Der nationalistische Abgeordnete Wladimir Schirinowski sagte Europa in "grenzenloser Empörung" gar den Untergang voraus.

Mit negativen Kommentaren dieser Art setzt sich die Gewinnerin nicht auseinander. „Das ist für mich jetzt genauso belanglos, wie es vorher war.“ Angesichts des Muttertags hatte sie auch einen Tipp für Eltern parat, „wie sie das ihren Kindern erklären sollen. Es ist sehr einfach: ,Weißt du, mein Schatz, es gibt Menschen, die sind einfach ein bisschen bunter als andere, und das ist ein junger Mann, der gerne Frauenklamotten trägt und der dafür nicht ausgelacht werden möchte.’“

Stolz zeigte sich beim Pressegespräch ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz, dass Conchita Wurst nicht nur zur „Queen of Austria“, sondern zur „Queen of Europe“ gekrönt worden sei. Die Austragung des 60. Song Contests sei „eine Chance für ganz Österreich“. ORF-Fernsehdirektorin Kathrin Zechner versprach per Aussendung eine „fulminante Show aus Österreich“. Das Land sei „stark und flexibel genug dieses Pop-Friedensprojekt auszurichten“.

Auf die Frage, wo man die aufwendige Show veranstalten könne, scherzte Conchita Wurst: Ihr Heimatort Bad Mitterndorf würde ihr gefallen, „ich räume schon mal meine Garage aus.“ Jedenfalls werde sie im kommenden Jahr entspannter auf der Bühne stehen. Als mögliche Gastgeberin hatte sie sich noch in der Siegesnacht ins Spiel gebracht. Und wie die nähere Zukunft aussieht? „Heute abschminken und schlafen, und morgen – was ist morgen für ein Tag?“

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