Ein Mord in Buenos Aires, aber alles andere interessiert viel mehr
Von Anna Gasteiger
Das Bild am Cover täuscht. Hier kommen keine 0/8/15-Schönheiten mit Modelmaßen vor, und das ist das Gute daran. Unter anderem. Bleiben wir doch gleich bei Betibús Äußerem, wenn wir schon dabei sind (auch wenn das bedeutet, das Pferd von hinten aufzuzäumen, weil es in Claudia Piñeiros Roman wirklich Wichtigeres gibt): Sie sieht aus wie die 30er-Jahre-Comicfigur Betty Boop. Klein, gedrungen, Schneckerllocken. Und seeeexy ... auf ihre Art.
Irgendwie ein Krimi
Betibú heißt eigentlich Nurit Iscar, ist Schriftstellerin und lebt in Buenos Aires. Und wird in einen Mordfall verwickelt. Ihr ehemaliger Liebhaber, ein unsympathischer Kerl und Chefredakteur einer großen Zeitung, schickt sie ins Villenviertel La Maravilloso, damit sie über den Mord an einem Unternehmer schreibt. „Betibú“ ist also irgendwie ein Krimi. Was Claudia Piñeiro in den ersten vier Fünfteln ihresRomans aber nicht sonderlich interessiert, weswegen „Betibú“ noch viel mehr ein Menschen- und Gemeinschaftsroman ist (falls es so etwas gibt). Liebevoll beschreibt sie ihre Protagonisten – den alternden Polizeireporter Brena, dessen jungen Nachfolger, der nur „Junge“ heißt, Betibús plappernde Freundinnen – und führt sie gegen Ende in einer großartig komischen Szene zusammen. Deren vorletzter Satz lautet: „Man darf eben nicht mit der Möse schreiben.“ Haschisch spielt auch eine Rolle. Dann wird es noch richtig ernst. Mehr wird nicht verraten.
KURIER-Wertung: **** von *****