"Man weiß nie, was funktioniert"
Christian Struppeck, Musicalchef der Vereinigten Bühnen Wien (VBW), im KURIER-Gespräch.
KURIER: Vom Bühnenvorhang blickt ein glutäugiger Panther neben Yen-, Euro- und Dollarzeichen. Die Raubkatze als Sinnbild für Raubtierkapitalismus?
Nach Friedrich Dürrenmatts Stück gibt es ja schon das Musical "The Visit" von Terrence McNally, John Kander & Fred Ebb. Letztere haben immerhin "Cabaret" und "Chicago" geschrieben. Warum haben Sie nicht darauf zurückgegriffen?
"The Visit" wurde nur kurz gespielt und leider nie groß aufgeführt. Und da ist Claire mit Chita Rivera viel älter, schon fast 80. Das wollten wir nicht. Wir hatten das Glück, eine neue europäische Produktion zu machen. Auch weil noch Dürrenmatt die Rechte getrennt vergeben hat. Der englischsprachige Raum ist abgekoppelt. Es war Zufall. Sodass der Verlag uns erlaubt hat, ein neues Stück zu machen.
Die Welturaufführung war im letzten Sommer ein Open Air in Thun in der Schweiz. Was ist neu bei der Wien-Premiere, die VBW-Direktor Thomas Drozda "große Theaterfassung" nennt?
Hier haben wir ein neues Bühnenbild, ein ganz neues Licht-Design von Mark McCoullough und noch aufwendigere Kostüme. Es wurde viel verbessert. Wir haben eine ganz neue Musiknummer, und zwei Titel wurden komplett überarbeitet.
Wie gut sind die Chancen, die "Alte Dame" in Lizenz etwa nach Japan oder Korea zu exportieren?
Man kennt das Dürrenmatt-Stück auf der ganzen Welt. Deshalb gibt es schon Anfragen. Klar würden wir das Musical gern exportieren. Es kommen bereits Interessenten zur Premiere, weil der Stoff auch in Südamerika und Asien sehr bekannt ist.
Sie betonen gern: 35 Musiker spielen bei der "Alten Dame" im Orchester. Bei "Mamma Mia" – Premiere ist am 19. März im Raimund Theater – sollen es nur zehn sein.
Ich muss Sie sogar nach unten korrigieren: Bei "Mamma Mia" spielen sieben Musiker. Aber das ist so geschrieben. Da kann man nicht einfach noch 20 dazusetzen. Überhaupt werden keine neuen Musicals mehr für große Ensembles geschrieben.
"Natürlich blond" war ein Flop und musste vorzeitig abgesetzt werden nach nur 63 Prozent Auslastung. Was war die Lehre daraus?
Man weiß vorher nie, was funktioniert und was nicht. Sonst würden ja alle nur Hits produzieren. Aber die Diskrepanz zwischen schlechten Kritiken und oft Standing Ovations bei den Vorstellungen war für mich verblüffend. Wir wollten mit der Produktion vor allem junge Leute ansprechen. Die waren auch interessiert und begeistert. Aber leider war die Nachfrage insgesamt – vor allem beim älteren Publikum und bei den Bustouristen – deutlich geringer als erhofft.
Die VBW bekamen zuletzt von der Stadt 4,9 Millionen Euro Subvention zusätzlich – allerdings befristet auf zwei Jahre. Mit Sparauflagen. Wo ist eine Kostenreduktion möglich?
Diesen Auftrag nehmen wir sehr ernst. Daran arbeiten wir. Es gab ja schon erhebliche Einsparungen. Wie viel da schon möglich war, darüber war ich überrascht, als ich 2012 kam. Es ist nicht einfach: Das ist ein großes Haus, das aufwendig zu betreiben und zu bespielen ist.
Das ist das Burgtheater auch. Aber wie sieht das Zukunftsszenario für die VBW aus?
Daran arbeiten wir derzeit mit Generaldirektor Drozda. Ich glaube, Ende März können wir ein Ergebnis vorlegen, das dann eine Entscheidungsgrundlage sein wird für die Zukunft der VBW.
Gerüchte sprechen von einer eventuellen Schließung eines der drei Häuser – Theater an der Wien, Ronacher oder Raimund Theater?
Das wollen wir natürlich verhindern. Aber eines muss klar sein: Musical kostet Geld, wenn es auf auf einem internationalen Top-Niveau wie bei den VBW betrieben wird.
Warum war ein Haus wie das Ronacher ausgerechnet zu Silvester 2013 geschlossen und nicht in der Lage, ein Programm zu bieten und dafür Tickets zu verkaufen?
Eine berechtigte Frage. Aber da muss man ganz früh planen. Und wir haben bei unseren Produktionen immer ein Jahr Vorlaufzeit. Das ist nicht einfach mit dem Auf- und Abbau. Der Aufwand bei Musicals wird leicht unterschätzt.
Wie geht’s mit der Arbeit an den Projekten "Schikaneder" und "Der Dritte Mann"?
Da bewegt sich natürlich auch was. Aber gut Ding braucht Weile. Das geht im Hintergrund weiter. Und es macht auch Spaß, dass wir jetzt schon wieder beim nächsten Projekt sind.