Kultur

Burg-Premiere: "Endstation Sehnsucht"

Die Szene, in der Marlon Brando laut "Stella" schreiend sein Unterhemd zerfetzt – wer sollte die je vergessen?

Dörte Lyssewski und Nicholas Ofczarek versuchen’s gerade. Ab Samstag werden die beiden am Burgtheater in Tennessee Williams’ "Endstation Sehnsucht" als Blanche und Stanley auf der Bühne stehen. Und natürlich kennen sie Elia Kazans mit vier Oscars ausgezeichnetes filmisches Meisterwerk aus dem Jahr 1951. Mit Vivian Leigh als Blanche und Brando als Stanley.


Ohne sich Fragen nach "neu, heutig, richtig, anders" zu stellen, "ohne vorgefertigte Bilder im Kopf", ohne ein "Wie-man-sich-das-so-vorstellt" zu bedienen, wollen sich Lyssewski und Ofczarek, sagen die beiden im KURIER-Gespräch, ihren Rollen nähern. Wollen "was Eigenes abliefern" – in der Regie von Dieter Giesing, der am Haus zuletzt mit seiner subtilen Inszenierung Schnitzlers "Professor Bernhardi" neu entdeckte.
Nun machte er sich also an das Drama der neurotischen Südstaaten-Verblühten Blanche, die, weil finanziell und menschlich am Ende, in den heilen Haushalt ihrer Schwester Stella und deren Ehemann Stanley einbricht. Die Stella spielt Katharina Lorenz; Stanleys besten Freund Mitch, der bald zu Blanches Verehrer mutiert, gibt Dietmar König.

Ganz in Weiß

Die Geschichte endet ganz in Weiß – allerdings nicht vor dem Traualtar, sondern durch die Kittel der Irrenärzte, die Blanche in ihre Anstalt holen ...
Was Ofczarek in seiner "Brando"-Rolle erkennt? "Über Stanley wird ja schon viel gesagt, bevor er überhaupt das erste Mal auftritt. Die Frage ist, ob das wahr ist. Ich habe lange überlegt, wie ich das spielen soll und nach einiger Zeit der Proben beschlossen, ich spiel’s so: Keinen ,Kraftlackel‘, keinen ,Proleten‘, sondern einen ehrlichen, aufrechten Mann. Einen Menschen ohne Falsch, ohne Argwohn."


Eine Vergewaltigung, die Stanley an Blanche begangen haben soll, steht am Ende im Raum. Ihre Einbildung oder Wahrheit? Vieles zwischen den Figuren geschehe aus Not, nicht aus Berechnung analysieren die Darsteller. "Da prallen Welten aufeinander, die einander faszinierend, aber auch abstoßend finden."


You better watch out or the apes take over! – "Pass auf, sonst haben die Affen das Sagen", antwortete Tennessee Williams nach dem Sinn seines Stücks befragt.
"Das Affenartige, das Animalische, ergreift an einem gewissen Punkt alle", so Lyssewski. "Blanche ist das Leben bereits entglitten. Es ist Teil der Story, herauszufinden, woran sie krankt. Aber auch Stella, die die Entscheidung trifft, ihre Schwester, diese abgewrackte High-Class-Tussi, diese Frau besonders, einliefern zu lassen, geht die Intaktheit verloren."
Was bleibt sind Beschädigungen, kein "back to normal". Eine Ehe, die ein Thema hat, das sie bis zu ihrem Ende bewusst ausklammern wird. Wie’s so ist im Leben ...
– Michaela Mottinger

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