Bully Herbig: "Nicht ständig den Tragödien aussetzen!"
Von Gabriele Flossmann
Nach Mega-Blockbustern wie "Der Schuh des Manitu" und "(T)Raumschiff Surprise – Periode 1", die zusammen weit mehr als 20 Millionen Kinobesucher in Deutschland und Österreich hatten, bringen Michael "Bully" Herbig und seine Kollegen Rick Kavanian und Christian Tramitz zum 20. Jubiläum der TV-Reihe (1997–2002) ihre "Bullyparade" ins Kino. Winnetou, Old Shatterhand, Sissi, Franz, Captain Kork, Mr. Spuck und Schrotty treiben also wieder auf der großen Leinwand ihr Unwesen.
In den fünf Episoden des Films üben sich die drei Spießgesellen gemeinsam in der Absurdität des doppelten Bodens, im Wahnwitz hinter dem Bierernsten und führen diverse Männlichkeitsposen wieder einmal ad absurdum. Angeblich ist "Bullyparade – Der Film" Michael Herbigs letztes Komödienprojekt. Danach wolle er sich verstärkt ernsteren Themen zuwenden. Vielleicht steckt deshalb hinter einigen der Gags auch ein Hauch von melancholischem Humor. Zum Interview in Wien erscheint Herbig – gemeinsam mit Tramitz und Kavanian – bestens gelaunt.
KURIER: Im deutschsprachigen Raum sind Komiker und Humoristen oft nicht so angesehen wie sogenannte "ernste" Schauspieler und Schriftsteller. Wie geht es Ihnen damit?
Christian Tramitz: Es gibt diesen Kritikerausdruck "Klamauk". Der hat einen ganz negativen Beigeschmack.
Michael Herbig: So wie "Spaßkanone"… Das sind eigentlich alles Beleidigungen!
Rick Kavanian: Ich will da gar nicht klagen, aber ich mach diesen Beruf ja inzwischen auch schon seit 26 Jahren, und es kommen immer wieder Leute auf mich zu und sagen: "Mein Schwager kann auch so gut Witze erzählen – kann der nicht auch einmal auf einer Bühne stehen?" Was soll man darauf sagen? Viele können gar nicht genau einschätzen, was wir da machen und wie viel Arbeit hinter jedem Lacher steckt, den wir aus dem Publikum herausholen. Das sieht alles nur so leicht und locker aus …
Tramitz: Das kommt auch von dem absurden Unterschied, der heute noch zwischen U- und E-Kultur gemacht wird – also zwischen Unterhaltung und "ernster" Kunst. Zumindest in Deutschland. In Österreich ist man da meiner Ansicht nach schon viel weiter! Dank David Schalko ("Braunschlag", "Altes Geld" u. a., Anm.) oder der Serie "Vorstadtweiber". Auch dank der Wolf-Haas-Verfilmungen wie "Der Knochenmann" und eure Kabarettisten wie Josef Hader und Alfred Dorfer – es fing eigentlich bei Qualtinger schon an. Dieses Schräge und Schwarze kommt jetzt erst langsam auch nach Deutschland – befördert durch die internationalen Serien, glaube ich. Seither ist der sogenannte "typisch deutsche" Humor im Rückzug.
Herr Herbig, Sie haben auch Ausflüge ins ernste Fach gemacht – wie zum Beispiel die Tragikomödie "Hotel Lux" von Leander Haußmann. Steht Ihnen dabei Ihr Hauptberuf als Komiker im Weg?
Herbig: Ich habe bisher kaum ernsthafte Rollen angenommen, weil ich befürchte, die Leute damit zu überfordern. Ich will mich auch gar nicht als guter Schauspieler beweisen, weil ich mich nicht als solcher fühle. Ich freue mich, wenn man mich als guten Filmemacher sieht, aber was die Rollenauswahl betrifft, schränke ich mich selber ein. Ich glaube, es interessiert sich einfach niemand dafür, mich in einer Tragödie zu sehen.
Tramitz: Ich kann mir dich gut als "Lear" vorstellen!
Herbig: Dafür bin ich noch mindestens zwei Jahre zu jung! Aber auch in zwei Jahren würde ich mich wahrscheinlich fragen: Macht mir diese Rolle überhaupt Spaß? Die treibende Kraft für mich ist immer die Lust! Und die anderen Filme wie "Zettl", "Die Geschichte vom Brandner Kaspar" oder "Hotel Lux" sind ja Tragikomödien und Satiren – und so etwas mache ich gerne.
Tramitz: Da kommt wieder meine Idee ins Spiel – aber davon erzähle ich ein anderes Mal …
Warum nicht jetzt gleich?
Tramitz: Ich versuche ja gerade, den beiden etwas zu verkaufen – die Geschichte von drei gescheiterten Komödianten. Rick kann wegen seiner Drogen- und Alkoholprobleme nicht mehr auftreten, Bully ist wegen seiner Frauengeschichten beim Publikum in Ungnade gefallen – und bei mir liegt der Karriereknick als Komiker vielleicht an einer Depression wegen meiner gerade nicht so gut laufenden Geldgeschäfte und eines rapid gefallenen Aktienpakets. Und jetzt sollen wir drei auf einmal wieder gemeinsam auftreten, aber wir haben uns inzwischen komplett auseinandergelebt. Eine Mischung aus "Sonny Boys" und "Birdman". Viel Tragik und viel Komik. Ob das wer sehen will, weiß ich allerdings nicht.
Für Schauspieler – und Komiker – ist es sicher wichtig, Menschen und ihre Manierismen genau zu beobachten, damit man sie dann parodieren kann. Wie schwierig ist das, wenn man durch Film und Fernsehen berühmt ist und dann selbst beim Beobachten erkannt wird?
Kavanian: Ich habe den Vorteil durch die Brille. Sobald ich die abnehme, denkt jeder: Ah, der türkische Taxifahrer!
Herbig: Aber das Problem ist: Wenn er die Brille abnimmt, sieht er zu wenig, um genau beobachten zu können. Und wenn er sie aufsetzt, wird er erkannt … Die Katze beißt sich also in den Schwanz. Aber das wahre Problem ist inzwischen gar nicht so sehr, dass man erkannt wird. Heutzutage kann man die Leute gar nicht mehr beobachten und belauschen, weil jeder für sich in sein Handy starrt. Dieses Glotzen kann man zwar auch parodieren – aber man kann daraus keinen Kinofilm machen.
Sinn für Humor ist ja etwas sehr Sensibles. Wenn Sie Nachrichten sehen oder lesen: Bleibt Ihnen da nicht das Lachen im Hals stecken?
Herbig: Ja. Während der intensiven Dreharbeiten habe ich fünf, sechs Wochen lang nicht mitgekriegt, was in der Welt vorgeht. Es war großartig! Man kann sich nicht ständig den Tragödien rund um uns aussetzen – man braucht auch Pausen, damit man wieder aufnahmefähig wird. Humor macht alles ein bisschen erträglicher. Und deshalb kommt dieser Film zur richtigen Zeit.