Kultur/Buch

Peter Handke: Es sind die Schneeflocken, die niemals vergehen

Peter Handkes erstes Buch im heurigen Jahr ist den Schauspielern Otto Sander ( 2013) und Bruno Ganz ( 2019) gewidmet. Sie hatten in Wim Wenders Film „Der Himmel über Berlin“ zwei Engel gespielt, Peter Handke hatte das Drehbuch geschrieben.

Man kann sich beide gut im „Zwiegespräch“ vorstellen. Sogar hören können sie diejenigen, die nicht an einem Spatz vorbeilaufen, ohne sein Tschilpen wahrzunehmen.

Andere, auch nicht falsch, hören Handke mit Handke reden. Eine Zwei-Mann-Expedition diesmal. Zwei alte Narren, wie es heißt.

Jeder Handke erzählt etwas, nichts Großartiges, und man bemüht sich zu verstehen, was er uns sagen will. Und warum. Und überhaupt.

„Wieso willst du mich durchschauen?“ würde er wahrscheinlich fragen.

Kulisse

Der eine redet von seinem Großvater, dem die Partner beim Kartenspiel wegsterben.

(Handke wurde in Griffen im Haus des Großvaters geboren, in „Die Hornissen“, dem ersten Roman, ist Gregor Sivec verewigt worden. )

Und von Großvätern allgemein redet der eine: Wie sie idealisiert werden, wie ihre Heldenpropaganda von den Enkeln weitergegeben wird – „heillos – heillos.“

Der andere Sprecher erinnert sich, als er Kind war und im Theater saß. Nichts blieb hängen – aber das Kulissenhaus auf der Bühne mit Tür und Fenster. Wann springen sie auf? Wann beginnt das Leben? Wann wird es ernst?

Das Große bleibt nicht hängen. Es sind immer scheinbare Nebensächlichkeiten. Es sind die Schneeflocken, die nie vergehen. Es ist der Spatz auf der Straße. Eine Plastiksonnenblume, von der dementen Mutter gegossen. Es sind Gedanken eines Dichters, die man sich merkt.

Mit dem einmaligen Lesen der nur 60 Seiten wird es nicht getan sein. Da ist noch mehr. Zwei Mal 60, drei Mal 60.

Das zweite Buch Peter Handkes (Teile seiner Tagebücher) folgt im Mai, das dritte im November, knapp vor seinem 80. Geburtstag.


Peter Handke:
„Zwiegespräch“
Suhrkamp.
64 Seiten.
18,95 Euro

KURIER-Wertung: **** und ein halber Stern