Kultur/Buch

David Schalko porträtiert die Ruinen im Kurort "Bad Regina"

Auf der Tür vom Wirtshaus Luziwuzi hängt ein Schild: Heute ist „geschlossene Gesellschaft“.

Das bedeutet: Der Wirt sitzt allein mit seiner Frau am Tisch und schaufelt Schweinsbraten. Er hat Geburtstag. Sie hat zur Feier des Tages ein grünes Dirndl an. Noch ein Bier, dann ist der Wirt – geschlossen.

Das war ein erster Blick in den ehemaligen Kurort Bad Regina. Bad Gastein war inspirierend, aber so weit ist es mit Bad Gastein nicht gekommen.

Bad Regina hat nur noch 44 Einwohner. Ein einziges Kind lebt hier. Die Volksschule schimmelt. Im Grand Hotel ist das Piano unter dem hereingewehten Laub verschüttet usw. Herr Chen, ein Chinese aus Hallstatt, kauft alles ... die Leute ziehen aus ... und er lässt die Häuser verfallen. Ist der Investor ein verrückter Millionär? Er selbst wohnt im schäbigen Reihenhaus. Was ist da los?

Wie Thomas Bernhard

Nach TV-Ereignissen wie „Braunschlag“ und „Aufschneider“ hat David Schalko gezeigt, dass er auch auf Papier Regie führen und sich selbst dirigieren kann: Im Roman „Schwere Knochen“ (2018) schaute er sich die Wiener Unterwelt nach dem Krieg an.

Das war ähnlich wie wenn der Wiener Strafverteidiger Herbert Eichenseder vom „Zauberer“ und Notwehrspezialisten Krista erzählt.

In „Bad Regina“ porträtiert Schalko die übrig gebliebenen Einwohner mit vielen Details, mit Liebe, mit Ekel, aber auch mit Selbstverliebtheit, sonst würde er etwas mehr aufs Tempo drücken.

Es sind Untergeher, die sich inmitten der Ruinen aufbäumen und wieder schrecklich scheitern. Einer hat sich auf eBay eine Lederhose gekauft, die angeblich Thomas Bernhard getragen hat. Ein anderer haut im Luziwuzi auf den Tisch, als wäre er der Original-Lederhosenmann: „In Österreich ist jeder ein Nazi! Und jeder in den Hass verliebt ... Wenn das Provinzielle wahnsinnig wird, heißt das Österreich.“

„Bad Regina“ ist ein böses Bild vom Land. Von Österreich. Von Europa. Von einem dummen Europa.

Schalko formt mit Dialogen Menschenbilder fürs Theater. Erst nach 150 Seiten gerät das Buch in Bewegung, und dann gibt es ein Ziel. Das ist ja nicht ganz unwichtig, schon gar nicht für die bestimmt angepeilte Verfilmung.

 

David Schalko: „Bad Regina“
Kiepenheuer
& Witsch.
420 Seiten.
24,70 Euro

KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern