Der Brenner hat geheiratet
Von Peter Pisa
Scheinehe?
Wie kommt da wer auf Scheinehe?
Der Brenner ist zwar über 60, und die Brennerova aus Nischni Nowgorod ist 25. Aber erstens: Er weiß nicht viel über sie. Zweitens: Sie haben keinen Sex miteinander. Drittens: Sie gehen sich – so gut es geht – aus dem Weg ... also alles wie in einer richtigen Ehe.
Das wird man bei der Fremdenpolizei doch wohl kapieren!
Der ehemalige Kriminalbeamte und ehemalige Detektiv Brenner ist tatsächlich schon 63.
Aber frage nicht, der rast mit dem Motorrad durch die Mongolei.
" Brennerova"-Lesung bei den O-Tönen
Die Faust
Im ersten der jetzt auch schon acht Romane ("Auferstehung von den Toten", 1996) war er rund 40. Damals saß ein erfrorenes Ehepaar auf einem Sessellift.
Das glaubst nicht, wie die Zeit.
(Auf unnötige Verben vergessen wir in diesem Zusammenhang. Klingt immer noch literarischer als die Verkürzung "Gemma Billa". Quasi.)
Es ist nicht mehr so, dass man bei dieser komischen Sprachkunst in Euphorie gerät. Zu sehr hat man sich daran gewöhnt. Außerdem bevölkern mittlerweile viele ähnliche österreichische Typen die Krimilandschaft.
(Der Salzburger Schriftsteller Wolf Haas betont im KURIER-Gespräch ausdrücklich, dass die Faust auf dem Buch-Umschlag kein Symbol dafür sei, "dass ich den Brenner-Klonen drohe.")
Aber so ein Haas langweilt nie, auch nicht sich selbst, auf jeder Seite bietet er wie stets Überraschungen und Spannung, sodass man beim Lesen immer gieriger wird.
53 ist er, also zehn Jahre jünger als Brenner. Sie altern gemeinsam, und "manchmal ereilt mich der Verdacht, ich habe den Brenner nur erfunden, damit er das Älterwerden für mich erkundigt, als Vorhut sozusagen. Wenn’s bei mir in zehn Jahren auch noch so gut läuft, bin ich zufrieden."
Ganz kurz der Inhalt:
Der Brenner hilft der armen Russin Nadeshda, ihre Schwester zu finden. Die wird möglicherweise in Wien als Prostituierte gefangen gehalten.
Er steigt deshalb in die Gürtel-Unterwelt, zu den Tätowierern und zu den tätowierten, Rolex tragenden Ärzten im AKH. Es werden Hände abgehackt und abgehackte Hände verwechselt ...
... aber der gefährlichste Moment ist, wenn ein Tattoo in kyrillischer Schrift auftaucht: Da denkt man sofort an Wolf Haas’ vorigen Brenner-losen Roman "Verteidigung der Missionarsstellung" (jetzt als Taschenbuch), in dem seitenlang chinesische Schriftzeichen stehen.
Die musste man sich im China-Restaurant unbedingt übersetzen lassen und erfuhr dann Sachen wie:
"Die Übersetzung ist schwere. Aber das ist sehr urwunderbar. Ein Taxler in China will Indianer sein!"
Die Entwarnung: "Brennerova" kommt ohne Besuch im russischen Restaurant "Feuervogel" aus. Das Kyrillische wird im Buch freundlicherweise übersetzt.
Der Code
Hatte Haas denn diesmal keine Lust, die Leser zu sekkieren bzw. fordern?
"Meine Leser sind doch weit intelligenter als ich. Was mir die schon alles über meine Bücher erzählt haben! Zum Beispiel endet mein Roman ,Das ewige Leben‘ damit, dass der erschossene Erzähler nur noch "ding ding ding ..." stammelt. Da hat ein genialer Leser nachgezählt und mich gefragt, ob ich das Wort bewusst 404-mal hingeschrieben hätte, weil das ja der Zahlencode der ,Error‘-Meldungen im Internet ist. Da war ich schon baff. "
KURIER-Wertung:
INFO: Am 6. Oktober um 19.30 Uhr liest Wolf Haas aus seinem neuen Roman "Brennerova" im Wiener Konzerthaus. Weitere Infos & Karten unter www.konzerthaus.at
Erste Eindrücke aus dem neuen Brenner-Film "Das ewige Leben"