Brad Mehldau im Konzerthaus: Ein scheuer Romantiker am Piano
Mit „Quit“ als Intro war der Ton sofort gesetzt: Zarter Anschlag, schwebende Töne, intime Dialoge mit dem blutjungen Bassisten Felix Moseholm aus Dänemark etwa in „Bee Blues“ und dem spanischen Schlagzeuger Jorge Rossy, der schon zu jenem festen Trio zählte, mit dem sich Brad Mehldau in die Oberliga des Jazz spielte.
Eine außergewöhnliche emotionale Tiefe ist auch spürbar im subtilen „C minor Waltz“. Von Oscar Peterson über Bill Evans zu Brad Mehldau: Fast alle großen Jazzpianisten fanden im Trio zu ihrer Bestform. Letzterer in der Aufnahmeserie mit dem ehrgeizigen Titel „The Art of the Trio“ (1996-2001). Unter den Fingern des 54-Jährigen Amerikaners wird nicht nur die Jazztradition lebendig, ausgezeichnet durch swingende Eleganz und eine Anbindung an den Blues, sondern auch Pop und Klassik. Das brandneue „Dream of Felix“ ist ein Stück purer musikalischer Poesie, mit einem Feature für den kraftvollen Tieftöner Moseholms, der im April bereits Begleiter von Sängerin Samara Joy im Konzerthaus war.
„Spaß beim Improvisieren bedeutet für mich, von etwas abzuweichen, was bereits vorhanden ist“, erklärte Mehldau. „Ich nehme eine Form, entferne mich langsam davon, komme vielleicht wieder darauf zurück, habe sie aber als Referenzpunkt im Hintergrund.“
Einer solchen Behandlung unterzieht er „Tres Palabras“ des kubanischen Komponisten Osvaldo Farres, und der ganz auf Melodie und zarten Rhythmus reduzierte Bolero wird zum Erlebnis. Auch aus dem durch Frank Sinatra bekannten Song „Almost Like Being in Love“ und der Ballade „Young and Foolish“ macht er etwas ganz und gar Eigenes – nach allen Regeln der Kunst, bewegt sich dabei in einem traditionell modernistischen Rahmen, ohne Firlefanz und Extravaganz, immer frei und sehr eigen, auf einem traumhaften Niveau.