Kultur

Bodo Kirchhoff: Ein Star für zweieinhalb Zuhörer?

Ein Antwortbrief kommt an Frau Faber-Eschenbach, die ihn im Namen einer Reederei über Weihnachten und Silvester 2017 / 2018 zur zweiwöchigen Karibik-Kreuzfahrt eingeladen hat.

Nein, nicht IHN, sondern einen namenlosen, bekannten Schriftsteller, der wie Bodo Kirchhoff Spezialist fürs Scheitern der Liebe ist – also doch Kirchhoff, NEIN, nicht! naja, Kirchhoff bekam tatsächlich eine Anfrage (und sagte kurz: nein) ...

Gastkünstler

Frau Faber-Eschenbach bietet ihm an: Flug nach Havanna, Außenkabine mit Balkon auf der Arkadia II, freie Verpflegung, freie Getränke an jeder Bar ... großes Plus: Er trinkt gern alten, teuren Whisky ... das alles auch für eine Begleitperson ... großes Minus: Er hat nur einen Hund, und Hunde sind nicht erlaubt.

Als kleine Gegenleistung: mehrere Lesungen an Bord zur Prime Time.

Muss man da nicht sofort ja sagen? "Gastkünstler" nennt man so etwas. Waltraut Haas hat auf diese Weise die Welt gesehen.

Der namenlose Schriftsteller antwortet mit diesem Brief / Buch: "Betreff: Einladung zu einer Kreuzfahrt". Er wiegt Für und Wider ab; und wird HavannaSanto DomingoJamaikaKleine AntillenCayman IslandsHavanna NICHT wahrnehmen.

Bodo Kirchhoff schreibt seine Absage mit sichtlichem Vergnügen. Schon deshalb, weil er Kreuzfahrten gar nicht mag; und vorschlug, alte Schiffe als "einigermaßen komfortable" Flüchtlingsunterkunft zu verwenden.

Die Eleganz und der Humor, diese Selbstironie, machen das Buch – das, Pardon, keiner braucht – letztlich doch erfreulich.

Zum Beispiel: Zur Lesung in Gütersloh, so wird Faber-Eschenbach mitgeteilt, kamen 50 Leute. Gütersloh hat 100.000 Einwohner.

Auf dem Schiff sind, das Personal schon mitgezählt, 7000 Personen.

Das bedeutet: Ihm werden zweieinhalb bis drei Passagiere zuhören.

Außerdem mag "unser" Briefschreiber die anderen Gastkünstler nicht. Kriegt der Bauchredner auch eine Außenkabine mit Balkon?

Und dann zwei Berufskollegen. Krimi und so Zeug. Ohne den Namen Nele Neuhaus ("Wer Wind sät") zu erwähnen, macht er klar, was er von ihr hält: Sie gehöre zu denjenigen, die "die Buchhandlungen verstopfen".

Vielleicht aber gab jener Punkt im Vertrag den Ausschlag für die Absage: Liebesbezeugungen gegenüber Crew und Passagiere seien verboten. Dabei sei einer wie er doch die ideale Affäre!

Was soll’s. Das Leben ist eh schon eine sinnlose Reise. Wozu dann von Havanna nach Havanna fahren?

Bodo Kirchhoff:
„Betreff: Einladung zu einer Kreuzfahrt“
Frankfurter
Verlagsanstalt.
128 Seiten.
18,60 Euro.

KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern