Kultur

Der Bluesman und Albino-Rocker verließ für immer die Bühne

Mit dem Song „Be Careful With A Fool“ wollte er Petrus an der Himmeltür begegnen. Am letzten Samstag war er noch bei „Lovely Days“ live in Wiesen. In der Nacht auf Mittwoch ist er 70-jährig in Zürich gestorben: Johnny Winter, der Bluesrocker, den die Schwarzen früher den „weißen Jimi Hendrix“ und die Weißen ehrfürchtig den „Albino- Rocker“ nannten.

Für das Rolling-Stone-Magazin war er einst das „heißeste Stück neben Janis Joplin“. Schon 1969 dabei in Woodstock, der Mutter aller Rockfestivals. Dass er auf früheren Filmaufnahmen von dort nie zu sehen war, hatte ihm sein damaliger Manager vermasselt.

Ob Jimi Hendrix, auf dessen Begräbnis Winter zur Gitarre griff, Rory Gallagher und Stevie Ray Vaughan – selbst längst Legenden – oder Veteranen wie Walter Trout und junge Wilde wie Kenny Wayne Shepherd oder Joe Bonamassa: der kleine Texaner mit den dünnen Armen voller Tätowierungen hat sie alle beeinflusst.

Mit Muddy Waters Alben aufzunehmen, sah er als Höhepunkt seiner Karriere: „Hard Again“, „I’m Ready“, „King Bee“ wurden alle drei mit Grammys ausgezeichnet. Blues in seiner heutigen Form wäre kaum denkbar ohne ihn, der die vielleicht härteste Bluesgitarre der 70er-Jahre spielte. Er hat das Genre den Rock gelehrt und ein weißes Publikum überhaupt erst dafür begeistert. Mit Alben wie „Saints & Sinners“ und „Nothin’ But The Blues“.

Er war der Speed Man. Raste und tobte auf dem Griffbrett, häckselte Vierundsechzigstel-Noten und spielte so ziemlich die flüssigste Gitarre überhaupt. Zwischendurch kam er der Welt irgendwie abhanden und tauchte erst nach Jahren der Selbstzerstörung mit Alkohol und Drogen wieder auf: „Still Alive And Well“, wie ein Album-Titel verkündete. Und der Erkenntnis: „Live Is Hard And Then You Die“. Mit „Nothin’ But The Blues“ (1977) beendete er das Kapitel Rockstar, der er nie sein wollte, und blieb fortan, was er im Herzen immer war: der Bluesman.

„Ich bin jetzt seit mehr als 25 Jahren vom Heroin runter“, sagte er im KURIER-Gespräch 2009 backstage im New Yorker B.-B.-King-Club: „Drogen sind nur kurze Zeit lustig. Ich bereue nur, zum Heroin gegriffen zu haben. Denn dieses Teufelszeug killt deine Kreativität.“ Was war der Blues für ihn? Kunst der Traurigkeit? „No. It makes me happy“, sagte Winter. „Wenn ich Blues spiele, geht es mir gut.“ Im September soll „Step Back“, sein 19. Studioalbum, erscheinen. Einer der 13 Titel heißt „Death Letter“.

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