Kultur

Birdy im Interview über Geisha-Masken, ihre "Baby-CD" und schöne Lügen

"Weil ich so schüchtern bin, ist der Moment auf der Bühne, wenn ein Song verklungen ist, und ich etwas zum Publikum sagen soll, richtig schrecklich", erzählte Birdy Sonntagnachmittag Interview mit dem KURIER.

Ein paar Stunden später beim ersten Wien-Auftritt der Britin im Konzerthaus war das zu merken. Doch sobald die 19-Jährige zum Musizieren ansetzte, war sie die Stärke in Person. Mit ihrer Power-Stimme sang sie sich durch ein Repertoire, das sowohl bei Coverversionen als auch ihren eigenen Songs, die zwischen Indie-Pop und Singer/Songwriter-Melancholie pendeln, mitreißende Leidenschaft offenbarte.

Schade nur, dass die sensible Akustik im Konzerthaus einen Einheitsbrei aus dem Sound machte, bei dem – sobald alle Band-Mitglieder gleichzeitig spielten – Finessen von Geige oder akustischen Gitarren unhörbar wurden. Die Präsenz, die diese nach fünf Karriere-Jahren immer noch so junge Künstlerin auf die Bühne bringt, sorgte trotzdem für Gänsehautmomente.

Enthusiasmus

Ihr Enthusiasmus für die Musik ist der Grund dafür, dass Jasmine van den Bogaerde – wie Birdy bürgerlich heißt – schon mit 14 ihren ersten Plattenvertrag unterschrieb. Gerade ist das dritte Album "Beautiful Lies" erschienen – noch im Teenageralter hat sie 10,5 Millionen Alben verkauft und 413 Millionen YouTube-Views gesammelt.

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"Einerseits sind diese Zahlen so berührend und aufregend, weil so viele Leute meine Musik mögen", sagt sie. "Andererseits auch erschreckend. Denn Ruhm ist etwas, über das ich nie nachgedacht habe. Ich wollte nur meine Songs spielen."

Immer wieder lässt Birdy im Interview anklingen, dass sie zwischen der Liebe zur Musik und den Anforderungen einer solchen Karriere hin- und hergerissen ist. Viele Songs ihres jüngsten Albums spielen darauf an.

"Das Lied ,Beautiful Lies’ handelt von zwei Menschen, die einander vorlügen, dass ihre Beziehung nicht dem Ende zugeht. Als Albumtitel war das passend, weil ich mir während der Produktion selbst etwas vorgelogen habe. Denn ich war das erste Mal seit fünf Jahren für eineinhalb Jahre zuhause, zurück in der Normalität. Ich habe mir vorgemacht, dass die Normalität nie aufhört, die Platte nie fertig wird und ich für immer zuhause sein kann."

Wobei, fügt Birdy schnell hinzu, Veränderungen gut und notwendig seien. Deshalb zog sie in der Zeit von Zuhause aus – von dem kleinen Ort Lymington ins Herz von London: "In der ersten Woche dort war ich so verängstigt, dass ich nicht vor die vor Tür gegangen bin", erzählt sie. "Denn ich war gewohnt, Wälder und Wiesen um mich zu haben, meine Familie, Neffen und Nichten – unser Haus war immer voll mit Leuten. Und da war ich auf einmal in Mitten einer Großstadt ganz auf mich alleine gestellt."

Erinnerungen

Das Album zu machen, etwas zu tun tun haben, sagt sie, habe ihr geholfen, diese Schwellenangst zu überwinden. Und das Buch "Die Geisha" von Arthur Golden, das das fernöstliche Flair des Covers und mancher Songs von "Beautiful Lies" geprägt hat.

"Ich war noch nie in Japan, aber ich fand die Beschreibungen der Landschaft unglaublich schön. Und so in Worte gefasst, dass man glaubt, dort zu sein. Aber auch die Parallelen zu meinem Leben: Denn die Hauptfigur muss vom Land in die Stadt und dort als Geisha arbeiten – immer diese Maske der braven Unterwürfigkeit aufsetzen, obwohl sie durch diese Veränderung zu einer starken Frau geworden ist."

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Auch Birdy selbst ist in den Jahren der Veränderung selbstbewusster geworden, nicht mehr das scheue Kind, als das sie begann. Denn ihre ersten Songs schrieb sie mit acht Jahren: "Davon gibt es sogar eine CD – meine Baby-CD. Mein Vater wollte damals festhalten, was ich schrieb."

Was schrieb sie damals? "Sehr, sehr traurige Lieder über gebrochene Herzen. Als meine Eltern das hörten, dachten sie: ,Was ist los mit ihr? In der Schule muss etwas Fürchterliches passiert sein!’ Ich denke, es lag daran, dass ich auch damals schon tief mit anderen Menschen mit empfunden habe. Und das bestimmt auch heute noch meine Lieder."

ZUR PERSON

Jasmine van den Bogaerde wurde am 15. Mai 1996 in Lymington als Tochter eines Autors und einer Konzertpianisten (und Großnichte des Schauspielers Dirk Bogarde) geboren. Den Spitznamen bekam sie, weil sie als Baby – wenn sie Hunger hatte – den Mund wie ein Vogel aufriss.

Die Mutter lehrte sie klassisches Klavier und noch heute liebt Birdy Debussy und Chopin. 2011 erschien ihr Debüt „Birdy“ mit Coverversionen ihrer Lieblingssongs. „Fire Within“ mit Eigenkompositionen folgte 2013.