Kultur

Das blieb vom Klimt-Jahr

War das Klimt-Jahr eine Marketingaktion? Ein Kunstfestival? Oder einfach nur ein Zufall? Fakt ist: Das Feuerwerk an Ausstellungen und Veranstaltungen, das 2012 in Wien abgefackelt wurde, folgte keiner zentralen Choreografie. Es gab keinen Intendanten und vonseiten der Kulturpolitik keine gesonderte Dotierung für die Jubiläumsaktivitäten, wie das etwa beim Wiener „Mozartjahr“ 2006 der Fall war. So gesehen war es tatsächlich der Wiener Tourismusverband, der Aktivitäten diverser Museen unter einem Dach vermarktete.

Marketing-Erfolg

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Wie viele der für 2012 erwarteten 12 Millionen Nächtigungen in Wien auf das Konto Klimts gehen, kann Norbert Kettner, Geschäftsführer von Wien Tourismus, nicht seriös sagen. Er verweist lieber auf mehr als 1100 Artikel zum Klimt-Jahr in der internationalen Presse. Zudem sei am 14. Juli, dem Geburtstag des Künstlers, eine Klimt-Variation des Google-Logos auf der Site der Suchmaschine weltweit zu sehen gewesen.

Also: Ein Glücksfall fürs Stadtmarketing.

Wiens Museen konzentrierten sich darauf, den Humus für derlei Kulturinteresse umzustechen: Es waren primär die hauseigenen Sammlungen, die im Klimt-Jahr strahlten – eine Retrospektive mit Leihgaben aus aller Welt, so der Experte Alfred Weidinger, wäre wegen der komplizierten Besitzverhältnisse vieler restituierter Gemälde unmöglich gewesen.

Das Wien Museum packte also gleich alle Bestände – von der Miniaturzeichnung bis zum Malerkittel – in einen Saal; die Albertina zeigte Klimt-Zeichnungen, das MAK die Entwürfe zum Stoclet-Fries. Das KHM musste eine Brücke zu seinen Klimts bauen, denn diese sind Wandgemälde im Stiegenhaus. Das Leopold Museum brachte mit privaten Korrespondenzen „Klimt persönlich“ näher; das Belvedere startete die ambitionierte Schau „Klimt – Hoffmann“ schon 2011 und beließ es dann dabei, seine Klimt-Sammlung zu zeigen.

Die Besucherzahlen sprechen für diese Strategie: Das Belvedere knackt dank Klimt heuer die 1-Million-Marke, das Leopold Museum rechnet dank der 225.000 Besucher starken Klimt-Schau mit einem Plus von elf Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Wie viele Einheimische unter den Museumsgästen waren, ist dabei nicht zu eruieren. Doch zumindest theoretisch bot die Klimt-Sause einen Anreiz, die Geisteswelt um 1900 neu zu entdecken. Wer das Klimt-Jahr als Chance und nicht als Hype verstand, interessierte sich bald für die Geschichten der Sammlerfamilien, die Gesellschaft Wiens um 1900 oder die Mode der Epoche.

Beschränkte Wirkung

Die Klimt-Ausstellungen legten eine Spur – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Denn die Kunstwelt funktioniert ohnehin in längeren Zyklen, als in Jubiläumsjahren: Dass etwa das Belvedere seine Klimt-Sammlung just 2012 um zwei Gemälde, „Sonnenblume“ (1907) und „Familie“ (1909/’10) erweitern konnte, war auf einen lang gehegten Kontakt zum Sammler Peter Parzer zurückzuführen, der die Bilder dem Museum vermachte. Auch die Neuentdeckung eines Klimt-Bildes, „Seeufer mit Birken“ (1901), wurde eher zufällig im Klimt-Jahr publik. Als das Bild im Februar zur Auktion kam, versuchte man vergeblich vom Jubiläums-Hype zu profitieren: Das Bild wurde nicht versteigert, erst im Nachverkauf ging es um 6,7 Millionen Euro weg.

Wie viel mehr Aufsehen gab es da 2006, als die Klimts der Familie Bloch-Bauer zunächst restituiert und dann verkauft wurden und US-Sammler Ronald Lauder Klimts „Goldene Adele“ um 135 Millionen Dollar für seine „Neue Galerie“ erwarb. Viele Österreicher werteten es als Verlust. Der Wiener Kunsthändler Eberhard Kohlbacher findet, dass damals das eigentliche Klimt-Jahr stattfand: „Die ,Adele‘“, sagt er, „dient uns in Amerika auf wunderbarste Weise.“

Klimt-Ausstellungen des vergangenen Jahres

"Gegen Klimt"-Ausstellung

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"Klimt persönlich" im Leopold-Museum

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