Kultur

Beschämende 18 Cent für ein T-Shirt

Ein Buch hat eine längere Halbwertszeit (hofft Eva Rossmann). Brennt in Asien eine Textilfabrik und Tausend Frauen kommen ums Leben, fragt man zwar in allen Medien, wer das große Geld macht und wie sehr der Westen am Unglück schuld ist … aber schnell tauchen andere Themen auf, Skandale, Fragen.

In " Fadenkreuz", dem 17. Roman mit der Journalistin Mira Valensky, bleibt das Beschämende länger (be-)stehen. Die Wirkung sollte enorm sein. Der folgende kurzer Ausschnitt betrifft die Recherchearbeit der Krimiheldin ...

"Wie hoch, glauben Sie, sind die Arbeitskosten für ein gutes T-Shirt um 30 Euro? Null Komma sechs Prozent. Die Frauen, die es zuschneiden und nähen, bekommen achtzehn Cent. Das Material kostet zwölf Prozent, der Gewinn der Textilfabrik beträgt vier Prozent … Wenn die Arbeit drei Mal so viel kosten würde, macht das bei so einem T-Shirt vierundfünfzig Cent aus. Für die Frauen würde es bedeuten, dass sie ohne Überstunden von ihrem Einkommen leben könnten. Für uns macht es nicht viel Unterschied, wenn wir pro T- Shirt fünfzig Cent mehr zahlen."

"Und warum geschieht es nicht?" – "Profitmaximierung. Rechnet man in Millionen Stück, dann wird aus fünfzig Cent plötzlich viel Geld. Und außerdem gibt’s Ausreden wie: Wer weiß, ob die Fabriken das Geld an die Arbeiterinnen weitergeben?"

Zwei Jahre hat Eva Rossmann für "Fadenkreuz" Informationen gesammelt. EU-Abgeordnete Ulrike Lunacek half, ebenso Ex-Außenminister Peter Jankowitsch.

Im Krimi wird eine Vietnamesin in Wien erschossen. Das genügt, um in die große Welt mit der mächtigen Textilindustrie zu entführen ...

Fetter Buddha

Rossmann war selbst in Vietnam, wo Kleidung wichtigster Exportartikel ist: "Viele Frauen vom Land können bestenfalls zwischen Ehe, lebenslanger Abhängigkeit und schwerer Arbeit daheim oder der Arbeit in den Fabriken an den Rändern der Mega-Citys entscheiden."

Sie zählen nichts – bzw. 18 Cent. Der Turbokapitalismus zählt, der chinesisch geprägte Buddhismus mit dem fetten Buddha, der ausschließlich für Reichtum steht.

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Es ist ein gut ausbalancierter Roman. Wieder wird hinter den schönen Schein geschaut, diesmal kommt die Spannung nicht zu kurz.

... und nur noch einer einzigen Marke kann Eva Rossmann nicht widerstehen: der Schokolade von Zotter.

Info: Eva Rossmann: „Fadenkreuz“. Folio Verlag. 271 Seiten. 19,90 Euro. Premiere 2. September um 19 Uhr in der Riverbox, Johann-Böhm-Platz 1, 1020 Wien.

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