Hubert Schmalix fordert sich heraus - und malt alte, bärtige Männer
Von Michael Huber
Hubert Schmalix ist einer jener Künstler, deren Stil man schon fast zu gut zu kennen glaubte: Landschaftsbilder, in klaren, bunten Farben gemalt und auf stark konturierte Formen reduziert, sind eine Art Markenzeichen des 1962 geborenen Grazers, der aus der Generation der "Jungen Wilden" der 80er Jahre hervorging und heute teilweise in Kalifornien lebt.
Die aktuelle Schau im Linzer Schlossmuseum kann die Gewissheit allerdings schon ordentlich erschüttern: "Tremor", so der kryptische Titel der Ausstellung mit Werken jüngeren Datums, verwundert einerseits mit ausladenden Bildformaten, mehr noch aber mit den Motiven, die da in großer, flächiger Malweise wiedergegeben sind.
Malerei mit Bart
Eine Reihe von bärtigen Geistlichen mit Kardinalshut ist da etwa zu sehen, eine nach Art mittelalterlicher Grabmäler auf dem Rücken liegende Männerfigur, aber auch ein nackter Muskelprotz, der einen alten Mann am Bart packt und ihm den Kopf abschlägt.
Mit der Frage nach der Bedeutung dieser skurrilen Figuren lässt die Schau ihr Publikum demonstrativ allein, und so ist es fast zwingend nötig, die Malerei zunächst einmal als Malerei zu sehen: Welche Strahlkraft und welchen Sog einzelne Flächen entwickeln, wie die harten Konturen den Blick leiten, wie die großen Formate einen beim Davorstehen umfangen - das sind Fragen, die sonst eher von abstrakten Gemälden gestellt werden und nicht von solchen, die an mittelalterliche Andachtsbilder erinnern.
Direkt vor den Originalen lassen sich auch viele sogenannte "Reuezüge" erkennen, die zeigen, dass der Künstler etliche Bereiche übermalte, Konturen und Figuren abänderte, kurz: Einen Prozess des Suchens und Experimentierens durchmachte. Die poppig-leichte Anmutung, die Schmalix gerade in kleineren Bildern oft beschwört, ist in diesen Werken ziemlich weit weg.
Das sichtbare malerische Probieren und Zweifeln führt dann doch irgendwie zur Frage zurück, ob in der Motivwahl nicht doch auch eine gewisse Botschaft steckt. Ist "The Young and the Old", in dem der erwähnte Jüngling auf den Greis einhackt, vielleicht Ausdruck eines Generationenkonflikts, in dem sich Künstler fortgeschrittenen Alters gegenüber Jungen behaupten müssen? Zielt der Ausstellungstitel "Tremor" auf eine - vielleicht augenzwinkernde - Auseinandersetzung mit der Endlichkeit und dem Verfall ab? Eine gewisse Melancholie meint man in der großen, für viele Blickachsen und Querverbindungen offenen Halle zu verspüren.
Mit einem Virtual-Reality-Landschaftsbild, das seine Farb- und Lichtstimmung entsprechend der Tageszeit ändert, versucht Schmalix in der Schau den Anschluss an die Digitalmoderne. Für die ausgemergelten Greise, die in vielen der neuen Großformate vorkommen, wird der Künstler dagegen keinen Zeitgeist-Preis bekommen. Doch die Figuren fungieren als Türöffner für einen Dialog mit der Kunstgeschichte: Erinnern sie doch an spätgotische Darstellungen, in denen Heilige und Büßer oft ohne Rücksicht auf anatomische Korrektheit wiedergegeben wurden. Was zählte, war die Ausdruckskraft.
Pop aus dem Mittelalter
Ist diese Direktheit und Unmittelbarkeit auch in Schmalix' Flächen- und Konturen-Stil erreichbar? Das war wohl die Herausforderung, die der Künstler bei vielen Bildern zu meistern versuchte. Dass die Übung gelungen ist, lässt sich nicht restlos mit "Ja" beantworten: In einigen Werken, etwa dem grabmalartigen "When" oder den Bildern von Kardinälen, verstärken die Elemente einander so, dass wirklich wuchtige, überzeitliche Bilder herauskommen, in anderen (etwa dem Fledermausbild "Night") scheint das skurrile Moment dem Gesamtwerk Energie abzugraben. Dass der Künstler für diese Schau seine Komfortzone so sichtbar verlassen hat, verdient aber in jedem Fall Respekt.