Auf Orchester-Tournee, um clean zu bleiben
Zwei Elemente, sagt George Michael, hat er in seiner Karriere noch nicht genügend erforscht. Das eine ist seine Stimme, das andere die Tanzmusik. Für Ersteres ist der Ex-Wham-Sänger seit dem 22. August mit einem Orchester auf Tournee. "Ich wollte eigentlich immer schon mit so einer musikalischen Begleitung singen", erklärte er bei der Pressekonferenz zum Tourstart. "Dabei reizt mich, dass ich meine Stimme voll ausnützen kann, und mich nicht darauf konzentrieren muss, Tausende von Leuten zweieinhalb Stunden zu begeistern."
Authentizität
Bei der Zusammenstellung des "Symphonica"-Programms hat Michael keine Konzessionen an das Publikum gemacht. Von seinem Repertoire gibt es eher Songs, die er nie live gespielt hat, als Hits. Dazu Cover-Versionen von Nina Simone, Rufus Wainwright, David Bowie und Terence Trent D'Arby - von Liedern, die ihn beeinflusst haben. Nur so, sagt er, machen ihm Live-Auftritte Spaß.
Die Tour fungiert aber auch als Selbstschutz, um clean zu bleiben. Michael wurde in der Vergangenheit immer wieder wegen Alkohol- und Drogenmissbrauchs belangt. Der jüngste Vorfall: Im Juli 2010 fuhr er sein Auto unter Einfluss von Drogen in London in die Fassade eines Fotoladens. Im Herbst desselben Jahres war er deshalb vier Wochen im Gefängnis.
"Um am geraden Weg zu bleiben, gibt es nichts Besseres, als Arbeit, die du liebst", sagt er. "Deshalb wollte ich schnell wieder auf Tour gehen und habe nach der Entlassung sofort angefangen, ,Symphonica' zu planen."
Homophobie
In den Pausen der Tour werkt Michael an der zweiten Sache, die er noch erforschen will: Mit homosexuellen Künstlern nimmt er ein Tanzmusik-Album auf, das auf House basiert. "Das ist der Stil, der in der Schwulenkultur das tägliche Brot ist. Ich bin zwar 48, und Pop schließt Leute ab einem gewissen Alter eigentlich aus. Aber die Liebe zur Tanzmusik hört bei uns Schwulen nicht zu selben Zeit auf wie bei Heterosexuellen."
Mit dem im Frühjahr erscheinenden Album verfolgt Michael aber auch noch ein anderes Ziel: "Ich will damit schwulen Kids helfen. Denn ich habe ein großes Problem damit, dass ich jedes Mal, wenn ich große Fehler und mich zu Aufmacher-News gemacht habe, auch sie im Stich gelassen habe. Denn dann mussten sie die Homophobie miterleben, die mir entgegengebracht wurde, die verbale Diskriminierung, die in England legal ist. Und wir, die Schwulen-Gemeinde, sind traditionell nicht gut im Umgang mit Kindern, weil wir selbst keine haben. Deshalb wird das Album nicht nur für mich persönlich wichtige und ehrliche Songtexte haben. Ich plane damit auch unabhängig von der Musik einige Aktionen in dieser Richtung."