Kultur

Ars Electronica: Inspirierende Abwegigkeiten

Dutzende Minihubschrauber üben Formationsflug über der Donau, am Ufer steht ein überdimensionales Lego-Dorf und vor dem OK Zentrum können sich die Besucher durch die bunten Bürsten einer Autowaschanlage zwängen: Die Ars Electronica verwandelt derzeit Linz wieder ins Zentrum der verspielt-tiefsinnigen Technologie-Kreativität. Inhaltliches Zentrum des Computerkunst-Festivals ist heuer das "Big Picture": Dabei geht’s nicht um ein riesiges Kunstwerk, sondern um etwas, das fehlt – nämlich um den Überblick über all die Information, die unsere Computer, Handys und Internetanbieter über uns sammeln, die ausufernden Datenmengen, die an den verschiedensten Orten und aus den verschiedensten Anlässen gespeichert werden.

Denn neben den bekannten Gefahren für die Privatsphäre, die in der ungehemmten Durchleuchtung für den Einzelnen liegen, winken im Großen durchaus auch zahlreiche positive Effekte dieser Datenberge. "Wir beginnen, den Körper als Netzwerk zu verstehen, sehen Verbindungen zwischen Krankheiten und lernen uns so besser kennen", sagt der Eröffnungsredner des Symposiums, Adam Bly, am Freitagvormittag. Der zweite Redner, Johan Bollen von der Informatik-Uni in Indiana, benannte die dahinter liegende Hoffnung: "Einige glauben, wir wohnen gerade der Entstehung eines globalen Gehirns bei." Das "Big Picture", also der Gesamtüberblick über jene Information, die über die Datenbanken verstreut herumliegt, könnte einen ähnlich tiefgreifenden Effekt auf das Bild der Menschen von sich selbst haben, wie das berühmte erste Bild von der Erde aus dem Weltall, das die Zerbrechlichkeit und Begrenztheit des Planeten zeigte.

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Doch neben dem tiefgreifenden Theoretisieren kommt wie immer bei der Ars auch der spielerische Zugang zur technologischen Revolution nicht zu kurz. Im Erdgeschoß des Ars Electronica-Centers werden fleißig jene Leuchtbuchstaben gebastelt, die am Samstag bei der Klangwolke zum Einsatz kommen sollen. "The Open Cloud" heißt das heurige Klangwolken-Projekt, und im Zentrum steht die Mitarbeit des Publikums. Denn heuer gibt es keinen Klangwolken-Komponisten - das Publikum selbst hat jene Klangschnipsel gestaltet, aus denen im Endeffekt dann die Klangwolke entstehen wird. Mit großen und kleinen Hubschraubern, wasserempfindlichen Leuchtbällen und den Leuchtbuchstaben soll die Geschichte der Vernetzung der Welt erzählt werden.

Bis dahin gilt es die Festival-Ausstellungen zu erforschen. Und hier wartet wieder der ein Sammelsurium an inspirierenden Abwegigkeiten: Schweineherzen schlagen in einer Videoinstallation, Bakterien werden zur Radiostation und ein Klavier hält Reden. Ein Parcours, der sich auszahlt.

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