Kultur

AnnenMayKantereit in der Wiener Arena

Zuerst war der Hype: Eine Band, hervorgegangen aus Kölner Straßenmusikern, benannt nach einem Mash-up der Nachnamen der Gründungsmitglieder, machte mit Indie-Rock und vor allem der verlebten, kratzigen Bassstimme von Sänger Hennig May über YouTube-Videos Furore.

Dann das erste Major-Label-Album "Alles Nix Konkretes": Glatt produziert, Mainstream-konform, lahm in Aussage und Ausstrahlung.

Beim Konzert Samstag in Wien taten AnnenMayKantereit alles, um diesen Eindruck zu verwischen: Vor 1000 Fans in der seit Wochen ausverkauften Arena zeigten sie sich wieder rauer und ambitionierter, kleideten Songs wie "Nicht Nichts" und "Neues Zimmer" in einen Sound, der der bemerkenswerten Charakter-Stimme von May besser steht. In einen Sound, der sein Timbre unterstützt, anstatt es wie einen Fremdkörper in einem zu artigen Umfeld wirken lässt. Außerdem setzten sie zwischendurch mit einem Trompeter und gelungenen Coverversionen von "St. James Infirmary" und "Sunny" Akzente in Richtung Blues und Soul.

Herkömmlich

Das konnte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass es vielen eigenen Songs der Band an Originalität fehlt. Die Harmonie-Strukturen sind zumeist genauso herkömmlich und vorhersehbar wie die Instrumentierung, die mit Gitarren, Bass, Drums und Klavier breitgetretenen Mustern der Singer/Songwriter-Tradition folgt.

Mays Texte tun ein Übriges: So trocken wie er in "Mein Mitbewohner" das Chaos in seiner WG skizziert, beschreibt er gerne recht fantasielos triviale Alltagssituationen oder Liebesprobleme – ohne Esprit, Story oder Pointe. Es bleibt nicht viel, was man sich daraus mit nach Hause nehmen kann.

Natürlich gibt es Ausnahmen: Die Hits, die in der Arena gegen Schluss kamen: "Barfuß Am Klavier", "Pocahontas" und "21, 22, 23". Am Ende war es so ein typisches "Eh recht nett"-Konzert. Aus dem man rausgeht und sich fragt: "Wo kann ich jetzt noch etwas erleben?"

KURIER-Wertung: