Anja Kruse setzt sich gegen den Stöpsel durch
Von Peter Pisa
Tex Rubinowitz hat wieder einmal nichts zu erzählen, und wieder einmal liest sich das gut.
Man kann ihn nicht mit einem Jongleur vergleichen, der nur so tut, als würde er Bälle in die Luft werfen.
Denn Rubinowitz kann mit der Sprache alle möglichen Kunststücke. (Den Computer kann er leider nur "anmachen", aber was soll’s, der 55-Jährige, der seit mehr als 30 Jahren in Wien lebt, ist gebürtiger Deutscher, also muss er alles anmachen.)
Das Wie hat er.
Das Was fehlt ihm; und das zeichnet seine Bücher aus (er gurkt herum); und daraus formt er "Lass mich nicht allein mit ihr" – was "Roman" genannt wird, aber Rubinowitz darf man nichts glauben, gar nichts. Außer, dass er 2014 den Bachmann-Preis gewonnen hat. Das ist zwar unglaublich, aber es stimmt.
Worüber könnte er denn diesmal (nicht) schreiben?
Auch sein Lektor kommt im "Roman" vor und meint, so ein Thriller wäre leichter verkäuflich. Na gut: Da liegt also ein Kopf im Wald ...
Ist nicht der Apfel, der einen Orgasmus ermöglicht, der interessantere Stoff?
Fantasien
Sollte man nicht das Mitleid mit dem Stöpsel in der Abwasch thematisieren? Weil "er muss alles gehen lassen, er kann es nicht halten ..."
Und Kollege Daniel Kehlmann, ebenfalls Rowohlt-Autor, muss auch mitspielen: Kehlmann kann nur schreiben, wenn er an frisch gewaschener Wäsche schnüffelt!
(Ist nicht wahr! Ist bestimmt nicht wahr! Ist vielleicht gar nicht wahr.)
Rubinowitz macht nicht nur die ganze Zeit einen Typen namens Rubinowitz zur Hauptfigur, sondern schließlich auch Anja Kruse . Sie kam schon in einer früheren Geschichte vor.
Die Schauspielerin aus "Forsthaus Falkenau" gefällt ihm, er lässt sich einiges einfallen, um sie zu treffen, einen Film will er mit ihr drehen, er lässt einen gefesselten Toten in ihrem Kleiderkasten sitzen, er ist darauf gefasst, dass sie sich aufregen wird über seine Fantasien usw.
Nicht vernachlässigt wird die Frage, wie die Karrieren von Karlheinz Böhm und King Kong verlaufen wären, hätte der Affe Karlheinz geheißen und Böhm King Kong.
Tex Rubinowitz ist ein Multitalent: Witzzeichner (jeden Sonntag im KURIER), Schriftsteller, Schauspieler, Sänger, Posaunist – hieß seine erste Band wirklich "Pochender Knorpel"?
Irgendwo steht der Satz: "Ich könnte vor lauter Kraft ein Lyrikbändchen von Rilke zerreißen." Da geht aber noch mehr.
Tex Rubinowitz:
„Lass mich nicht allein mit ihr“
Rowohlt Verlag.
288 Seiten.
20,60 Euro.
Keine Wertung für einen KURIER-Kollegen