Alte-Musik-Spezialist René Clemencic gestorben
Von Georg Leyrer
Das Wort „vielseitig“ glich bei ihm einer Untertreibung: Der Cembalist, Flöten- und Clavichordvirtuose Rene Clemencic gehörte nicht nur zu den weltweiten Experten in der Interpretation Alter Musik, er war auch als Komponist, Dirigent und Musikwissenschafter tätig. Nun ist der Universalgelehrte gestorben.
Clemencic gründete 1957 die „Musica Antiqua“ als Ensemble für Alte Musik, das sich die klangtreue Realisierung der abendländischen Musikvergangenheit zur Aufgabe gemacht hatte. 1968 rief er ein neues Ensemble mit den Namen Capella Musica Antiqua beziehungsweise Drama Musicum ins Leben, das später zu Clemencic Consort mutierte.
Rene Clemencic wurde am 27. Februar 1928 in Wien geboren. Mit seinem Vater, einem Notar, sprach er Italienisch, mit seiner Mutter Deutsch. Nach der Matura studierte er von 1947 bis 1956 an der Universität Wien und an der Pariser Sorbonne Philosophie und Musikwissenschaft. Der Titel seiner Dissertation lautete „Sein und Bewusstsein bei Louis Lavelle“. Zudem studierte Clemencic Blockflöte, Cembalo und Musiktheorie in Wien, Berlin und im holländischen Nijmegen. Den Verlockungen eines Pariser Philosophie-Lehrstuhls entsagte er: „Mein Leben gehört der Musik!“ Diese Hingabe brachte dem musikalischen Multitalent für seine Arbeit und seine weit über hundert Alben mit Musik aus den unterschiedlichsten Weltteilen und Epochen eine unüberschaubare Fülle an Auszeichnungen ein.
Seine kompositorische Laufbahn begann Clemencic 1968 mit der Uraufführung seines Werkes „Maraviglia III“ beim Forum Alpbach. In seinen Kompositionen geht es ihm nach eigenen Angaben in erster Linie um Klangsymbolik: „Klang und Klanggeste sollen als solche in ihrer ursprünglichen Magie wirken. Es geht mir um das Enthüllen einer gewissen verborgenen Semantik des Klanglichen.“ Zu seinen wichtigsten Werken zählen das Oratorium „Kabbala“ in hebräischer Sprache (UA 1992), das Auftragswerk des Musikvereins „Apokalypsis“ (UA 1996), das Klaviertrio „Jeruschalajim“ (UA 1998), die Kammeroper „Der Berg“ nach einem Text von Konrad Bayer (UA 2003) und seine Operelle „Monduntergang“ (UA 2007). Auch als Theater- und Filmkomponist war er - u.a. für den „Moliere“-Film von Ariane Mnouchkine - erfolgreich.
Aus seinen mehr als 90 Lebensjahren habe er vor allem gelernt, sich über jeden Tag zu freuen, sagte er einmal im Interview. Er hatte eine umfangreiche Kunstsammlung, die vorrangig aus Skulpturen besteht und 2003 im Oberen Belvedere in einer eigenen Ausstellung gezeigt wurde.