Kultur

Alphörner im Musikverein und eine Schrecksekunde

Georg Friedrich Haas führt die Zuhörer gern auf falsche Fährten, wie der Komponist im Wien-Modern-Festivalkatalog von sich sagt. Sein Concerto grosso Nr. 1, in dem ein großes Orchester (RSO Wien) mehreren Solo-Instrumenten gegenübersteht, lässt er mit alten Marimbas beginnen, weit weg von Obertonharmonik.

Alle Inhalte anzeigen

Dann übernehmen allerdings vier Alphörner das Kommando, ein Novum im Musikverein.Haassieht die Instrumente fälschlich der Volksmusik zugeordnet und schätzt deren reine Oberton-Akkorde. Spielt das hornroh-Quartett die Alphörner synchron, reiben sich die leicht verschobenen Töne aneinander, es entstehen Schwebungen. Das Radio-Symphonieorchester unter Peter Rundel reagiert umsichtig auf die unvorhersehbaren Situationen. So entwickelt sich ein faszinierendes Klangbild, eine Spurensuche mit Tönen.

Bedrohlich

Alle Inhalte anzeigen

Rhythmuszentriert ist hingegen "void" von Rebecca Saunders. Zwei Solo-Schlagwerker dominieren das wabernde, schnarrende, düstere Stück. Ebenfalls bedrohlich: Reinhard Fuchs’ "wo Angst auf Umhülle prallt", in der eine Sprachfetzen rezitierende, keuchende, zischende Frauenstimme (Anna Maria Pammer) das RSO ergänzt.

Großer Applaus für alle Beteiligten, lediglich unterbrochen durch eine Schrecksekunde nach Haas’ Concerto grosso Nr. 1. Der Komponist stolperte beim Betreten der Bühne, verletzte sich leicht am Kopf. Bereits kurz danach war er aber wieder auf den Beinen und zeigte sich zurecht überglücklich mit dem zuvor Gehörten.

KURIER-Wertung:

TIPP: Das Konzert ist am 7.11. 2004 auf Radio Ö1 in der Sendung "Aus dem Konzertsaal" zu hören.

INFO: Reinhard Fuchs bekommt am 9. 11. 2014 im Rahmen eines Konzerts den Erste-Bank-Kompositionspreis verliehen. Wiener Konzerthaus, 19:30 Uhr

Hörprobe von Fuchs' "wo Angst auf Umhülle prallt"