Kultur

Als Mutter neuen Mut gefunden

Set The World On Fire“ hat Alicia Keys ihre heurige Europa-Tournee genannt. Denn – wie sie schon in ihrem Comeback-Hit „Girl On Fire“ im Herbst vorigen Jahres proklamierte – fühlt sich die New Yorkerin so lebensfroh und energiegeladen wie schon Jahre nicht mehr. Im KURIER-Interview spricht sie darüber, welchen Anteil daran ihr Mann, der DJ und Produzent Swizz Beatz, und Söhnchen Egypt haben und warum es sie auch ins Filmbusiness drängt.

KURIER: Das ist die erste Tour seit der Geburt Ihres Sohnes.
Alicia Keys:
Oh ja, das ist sehr aufregend. Ich hatte Egypt schon auf die Promo-Reisen im Herbst mitgenommen, und das hat ihm sehr gut gefallen. Er liebt Züge, und ich bin daher damals sehr oft mit dem Zug gefahren. Das hat wunderbar geklappt. Bei der Konzert-Tournee muss ich aber schon aufpassen, ob ihm das nicht hin und wieder zu viel wird.

Auf Ihrem Comeback-Album „Girl On Fire“ durfte er ja schon mitmachen. Ist das Gespräch, das Sie für den Song „When It’s All Over“ mit Egypt aufgezeichnet haben, echt?
Ein bisschen gemogelt ist das schon. Der Song handelt von ihm. Davon, dass ich, wenn alles zu Ende geht, wenigstens die Liebe zu ihm habe. Wir haben das Demo dafür in Jamaika aufgenommen. Dabei kam er rein und war total begeistert von den Mikrofonen. Also habe ich ihm eines gegeben und ihm Fragen gestellt. Damals konnte er aber noch nicht so gut sprechen. Deshalb haben wir genau dieselbe Konversation dann noch einmal neu aufgenommen, als wir das Album abgeschlossen haben.

Sie sagen, dass Sie jetzt wieder viel mehr Leidenschaft für das Leben empfinden als vor ein paar Jahren. Woran liegt das?
Ich bin mir jetzt viel klarer darüber, was ich will und was ich nicht will. Zum Beispiel darüber, dass ich mich nicht mehr mit Menschen umgeben will, die mich bremsen, die mir sagen, dass meine Ideen nicht gut sind. Oder, dass ich Dinge nicht ausprobieren soll, weil dann könnte das und das passieren. Ich will einfach nicht mehr in Angst leben.

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Wann und warum haben Sie in Angst gelebt?
Ich war – bevor ich mit meinem Mann zusammenkam – immer gestresst und überarbeitet. Denn ich war viel zu sehr auf die Arbeit fokussiert, habe im Kopf immer schon in der nächsten Woche gelebt. Damit macht man sich aber nur unnötig Angst. Denn vieles, worüber man sich dabei sorgt, ist noch gar nicht passiert. Deshalb versuche ich jetzt, mehr im Moment zu leben. Und als Mutter habe ich natürlich auch andere Prioritäten und einen anderen Fokus. So habe ich endlich den Mut gefunden, meine Entscheidungen selbst zu treffen und dabei nicht immer darauf zu warten, dass sie von anderen gutgeheißen werden.

Sie haben eigentlich immer den Eindruck gemacht, dass Sie das ohnehin tun.
Ich habe mich, speziell am Anfang, als ich in das Business kam, immer unzulänglich und wie ein Laie gefühlt. Ich war ein ganz junges Mädchen in einem Spiel, das vorwiegend von Männern dominiert war. Ich dachte immer, wie viel kannst du davon schon wissen? Das Pop-Biz hat mich anfangs eingeschüchtert, weil es eine ganz andere, für mich neue Welt war.

Sie haben klassisches Piano studiert. Spielen Sie heute noch klassische Stücke?
Ich sollte vielleicht öfter darauf zurückkommen, als ich das tue. Hin und wieder spiele ich Debussy – oh Gott, ich liebe Debussy, das ist so großartige Musik! Aber ich bin nach wie vor sehr dankbar für diese Ausbildung, denn die gibt mir die Möglichkeit, als Songwriterin aus einer ganz anderen Perspektive auf ein Lied zuzugehen.

Einer der schönsten Songs des Albums „Girl On Fire“ ist „Not Even The King“. Haben Sie den für Ihren Mann geschrieben?
Unbedingt. Denn er ist einer, der mich in allem super unterstützt. Er will immer, dass ich alles mache, was ich machen will, dass ich all meine Talente ausleben kann. Das ist sehr rar in einer Partnerschaft. Der Song kam aber davon, dass ein Bekannter, der sehr wohlhabend ist, nie die Liebe gefunden hat, die er sich wünscht. Das hat mir gezeigt, wie schön und wertvoll das ist, was ich mit meinem Mann habe.

Sie betreiben auch eine Filmproduktionsfirma. Wie wollen Sie sich damit positionieren?
Ich liebe es, Geschichten zu erzählen, die tiefer gehen als Hollywood das normalerweise tut. Vielleicht liegt es an der Wirtschaftskrise, vielleicht an der Gesellschaft – aber die wollen immer nur Action oder Stoffe, aus denen man Serien machen kann. Und das, obwohl Independent-Filme viel billiger sind.

Alicia Augello Cook wurde am 25. Jänner 1981 in New York, als Tochter einer Schauspielerin und eines Flugbegleiters geboren. Als sie zwei Jahre alt war, trennten sich ihre Eltern, und sie lebte mit der Mutter in dem damals heruntergekommenen Viertel Hell’s Kitchen.

Dicke Haut

Einen Teil ihres heutigen Erfolges führt Keys auf diese Kindheit zurück: „Meine Mum hat sich dafür abgerackert, dass sie mir die Klavierausbildung bezahlen konnte. So hat sie in mir die Einstellung geweckt, du musst dran bleiben und fleißig sein. Diese Kindheit hat mir den für dieses Business nötigen Kampfgeist gegeben, dadurch habe ich eine dicke Haut entwickelt.“

Schon mit vier Jahren hatte Keys ihren ersten TV-Auftritt. In der Serie „Die Cosby“-Show spielte sie eine Freundin von Rudy Huxtable. Mit sieben begann sie Klavier zu spielen, besuchte mit 12 Jahren die Professional Performing Arts School, lernte dort Beethoven, Mozart und Chopin zu lieben, besuchte aber auch Tanz-Klassen und einen Lehrgang als Chorleiterin.

Ihr Debüt-Album „Songs In A Minor“ erschien 2001 und war mit dem Hit „Fallin’“ und fünf Grammy-Auszeichnungen ein Sensationserfolg. Seither hat Keys über 35 Millionen Alben und 30 Millionen Singles verkauft.