Der Hase darf ans Licht
Der "Feldhase" darf nach zehn Jahren Dunkelhaft im Tiefspeicher wieder für dreieinhalb Monate ans Tageslicht. Die anderen Exponate der Albertina hängen bereits, die Leihgaben u. a. aus dem Metropolitan Museum New York und dem Pariser Louvre treffen gerade ein.
Und Albrecht Dürers wohl berühmteste aller Naturstudien und das prominenteste Objekt der Albertina kommt erst ganz am Schluss an seinen Platz für die Ausstellung "Zwischen Dürer und Napoleon" (14. 3. bis 29. 6.).
Bei einem Lokalaugenschein im unterirdischen Hochsicherheitstrakt für die Preziosen des Museums holte Direktor Klaus Albrecht Schröder Mittwoch das Original des berühmtesten Aquarells Dürers, das im Rahmen durch eine Stahlplatte als Verstärkung gesichert ist, aus dem Karton.
Lokalaugenschein im Keller der Albertina
Paradestück
Warum ist der "Feldhase" aus dem Jahr 1502 so bedeutend? "Weil das Bild das Programmstück des Realismus war", sagt Schröder, "einer Kunstauffassung, die fern jeglicher Idealität einer italienischen Renaissance oder des Manierismus wirklich in der Nachahmung der Natur die Kunst an sich sieht."
Entsprechend dem Untertitel "Die Gründung der Albertina" werden rund 150 der berühmtesten Erwerbungen von Herzog Albert von Sachsen-Teschen in der Ausstellung zu sehen sein. Ihm als Sammler verdankt die Albertina ihre weltberühmten Zeichnungsbestände.
Präsentiert werden neben Möbeln, Tafelgeschirr, Tapisserien, Skulpturen und Gemälden aus dem Besitz Herzog Alberts die Zeichnungen von Michelangelo, Bosch, Bruegel, Rubens und Rembrandt bis hin zu Caspar David Friedrich. "Wir zeigen nur fünf Werke Dürers, auch ,Betende Hände‘, obwohl Herzog Albert 300 übernommen hat und davon wiederum 150 Blätter im 19. Jahrhundert weggekommen sind", sagt Schröder.
Dass der "Feldhase" in den mehr als 500 Jahren seit seiner Entstehung vermutlich fast 400 Jahre weitgehend im Dunkeln verbracht hat, ist für die fragile Papierarbeit ein Glücksfall.
Der Hase – ein Star
"Seine Leidensgeschichte begann nach dem Ersten Weltkrieg. Da war das Bild das prominenteste Beispiel der sogenannten ,Diplomatenmischung‘: Jeder Albertina-Direktor musste geradezu jedem Staatsgast diese Werke zeigen", so Schröder.
"Das habe ich beendet. Es gibt keine Diplomatenmischung mehr. Und die Werke werden nur mehr hinter Glas gezeigt." In der heiklen Frage der zulässigen Belichtungszeit und Lichtstärke in Lux zum Schutz der empfindlichen Blätter ist "die Lux-Anzahl eigentlich kein Kriterium mehr", sagt Schröder, "sondern es geht darum, wie sehr ein Werk schädigenden UVA-, UVB- und UVC-Strahlen ausgesetzt ist."
Mit dem Denkmalamt war in der Causa "Feldhase" vereinbart, ihn in fünf Jahren höchstens zwei Mal zu zeigen. "Ich habe das Prinzip auf die gesamte Sammlung ausgeweitet, auf Papierarbeiten von Dürer bis Schiele", so Schröder. Und der "Feldhase" kommt demnächst noch einmal aus dem Karton – bei der für 2016 geplanten großen Dürer-Ausstellung in der Albertina.