Kultur

21er Haus: Kunst auf der Couch

In den bestgedeuteten Träumen muss man oft eine Stelle im Dunkel lassen, weil man bei der Deutung merkt, dass dort ein Knäuel von Traumgedanken anhebt, das sich nicht entwirren lassen will ..."

Dieser Satz aus Sigmund Freuds "Traumdeutung" ist im Obergeschoß des 21er Hauses überall zu lesen. Nein, falsch: Er ist auf die Wände geschrieben, aber mit einem fetten Balken durchgestrichen, man muss ihn erst rekonstruieren. Womit wir schon im Kosmos des US-amerikanischen Künstlers Joseph Kosuth wären.

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Seit den 1960er-Jahren lotet Kosuth in Installationen aus, wie wir Bedeutung konstruieren. Seit den 1980ern beschäftigte er sich explizit mit dem Werk Sigmund Freuds.

Die Schau, die der Konzeptkünstler nun, anlässlich von Freuds 75. Todestag am 23. September, im Obergeschoß des 21er Hauses arrangiert hat, kombiniert Kosuths eigene Arbeit mit Werken anderer Künstler: Als "kuratierte Installation" bezeichnet Kosuth die Unternehmung, die herkömmliche Ausstellungs-Parameter (etwa eine klare thematische Gliederung, einen Erzählstrang oder eine einheitliche Höhe für die Hängung der Bilder) lustvoll über Bord wirft.

Als jemand, der Freud und Kosuth nicht explizit studiert hat, ist man von dem Arrangement zunächst einmal heillos überfordert.

Produktive Frustration

Doch es ist eine durchaus produktive Frustration, die sich inmitten der 145 Werke von 72 Künstlern breit macht: Denn die Räume sind ästhetisch stimmig aufgebaut, die einzelnen Exponate – darunter großformatige Fotos von Bibliothekswänden von Clegg & Guttmann, eine Liege von Franz West, Fotos von Mike Kelley und Cindy Sherman – scheinen in der Tat ein Gespräch untereinander zu führen.

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Unterstützt vom Kuratorenduo Mario Codognato und Luisa Ziaja wühlte Kosuth in Beständen des Belvedere und des Freud-Museums; externe Leihgaben kamen hinzu. Die gezeigten Werke sind keine Freud-Illustrationen, auch wenn einige – etwa Hans Holleins Couch – explizit auf den Psychoanalytiker Bezug nehmen.

Es liegt nahe, die Schau nach Freud-Insignien abzusuchen, in Paul McCarthys Bild einer Mannequin-Büste das "Unheimliche"zu erblicken oder Markus Schinwalds Film "Dictio Pii" auf Fetische abzuklopfen. Doch man wird "Stellen im Dunkel lassen" müssen und das Haus einigermaßen aufgewühlt verlassen. Möglicherweise ist es genau das, was Kosuth beabsichtigt hatte.

INFO: "Sigmund Freud und das Spiel mit der Bürde der Repräsentation" ist bis 11. Jänner 2015 im 21er Haus, Arsenalstraße 1, 1030 Wien, zu sehen. Das Freud Museum (Berggasse 19, 1090 Wien) erinnert an Freuds Todestag, in dem es am 23.9. die einzige erhaltene Tonaufnahme Freuds im Stiegenhaus hörbar macht (10–18 Uhr, Eintritt frei).