Kultur

20 Jahre: Harry Potter und das Zauberjubiläum

Es ist zwar nicht per Eulenpost gekommen; aber dennoch: Vor 20 Jahren hielten die ersten jungen Leser ein Buch in den Händen, das, ohne Übertreibung, ihr Leben, den Buchmarkt und die Kinolandschaft bis heute verändern sollte. Und so nebenbei mit dem so beliebten wie falschen Vorurteil aufräumte, dass junge Menschen nicht (mehr) lesen.

"Harry Potter und der Stein der Weisen" war der Auftakt zu jener Serie, die einen unerahnten Hype erleben sollte. 450 Millionen Exemplare der insgesamt sieben "Harry Potter"-Bände wurden weltweit verkauft (von der deutschsprachigen Ausgabe waren es 33 Millionen), Zeitungen druckten beflissen Alphabete und Erklärungen jener Zauberbegriffe ab, die in Potters Welt selbstverständlich sind. Die Verfilmungen spielten zusammen mehr als 7,7 Milliarden Dollar ein.

Und Joanne K. Rowling wurde zur ersten Autorin, die es zur Dollar-Milliardärin schaffte.

Im Bann

Und das hängt mindestens ebenso mit ihrem Marketinggeschick zusammen wie mit Potters Kampf gegen Voldemort (und mit dem Erwachsenwerden). Rowling schaffte es, Potters Faszination für jede neue Kindergeneration neu zu präsentieren.

Am Höhepunkt des Hypes gab es eine unglaubliche Anhäufung von Merchandising-Artikeln; dann drang Potter beeindruckend früh in die digitale Welt vor. Über eine Webseite, pottermore.com, setzte die Autorin schon 2011 auf eine Online-Lesergemeinschaft, und dort gab es auch immer wieder von den Fans gierig aufgesogene Nachträge und Erklärungen zu den Original-Geschichten.

So wurde der Zauber aufrecht erhalten. Mittlerweile ist Potter längst auch Selfie-Vorlage der Smartphone tragenden neuen Teenager.

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Es gibt Quidditch-Meisterschaften, Games, Vergnügungsparks, Theaterproduktionen und zur Faschingszeit Kostüme mit runder Brille und Aufkleb-Narbe.

Es gibt eine (vorerst einmal fade) Film-Vorgeschichte (die "Phantastischen Tierwelten"), die auch mehrere Teile bekommen soll.

Und es gibt all die Nachwirkungen von Harry Potter, die sich erst auf den zweiten Blick erschließen. Etwa am Buchmarkt: Dort machte Rowling Bücher für Teenager, sogenannte "Young Adult"-Literatur, auch für Erwachsene salonfähig. Heute muss sich niemand mehr bei der Lektüre von "Ready Player One", "Twilight" oder "Tribute von Panem" genieren. Die Potter-Bücher richteten sich ebenso an Teenager. Aber sie kamen zusätzlich auch als Extra-Erwachsenenausgabe mit "seriösem" Cover auf den Markt, damit man in der U-Bahn nicht in Erklärungsnot gerät.

Gegenwissen

Wie vielen Menschen die Bücher das Lesen nachhaltig schmackhaft gemacht haben – das kann man nicht einmal schätzen. Ein wichtiger Aspekt war sicher auch das Gegenwissen, das man den Eltern (unwissende Muggles!) voraus hatte. Das Waisenkind Harry half vielen jungen Menschen über so manche Hürde des Erwachsenwerdens hinweg.

Jetzt kaufen die ersten Potter-Fans die Bücher schon ihren eigenen Kindern.

Auch im Kino läutete Potter einen Filmwechsel ein: Die von den Abenteuern des Zauberlehrlings, mit ihren fliegenden Fantasywesen und dem nuancenreichen Kampf zwischen Gut und Böse, geprägte erste Generation ist jetzt Mitte 30 – und damit Kinostammpublikum. Und sie will dort auch keine realen Menschen sehen: Die Superhelden-, Fantasy- und Animationsmonokultur, die derzeit in den Filmcharts führend ist, ist unter anderem auch ein Echo der Prägung durch Harry Potter.

Vergleichbares gab es danach nicht. "Twilight" und die "Tribute von Panem" schafften es zwar zu Millionenverkäufen und Verfilmungen; mit der allumfassenden Zauberwelt können sie nicht mithalten. Der Markenwert des Potter-Universums wird auf 15 Milliarden Dollar geschätzt – mehr als zehn Jahre, nachdem der letzte Band erschienen ist.