Kolumnen

Wie das Leben so dealt

Eine Statistik der amerikanischen Zentralbank besagt, dass lediglich 27 Prozent der Universitätsabsolventen auf einem Gebiet arbeiten, das auch faktisch ihrem Hauptfach entspricht. Dieses Faszinosum liegt dem Trugschluss zugrunde, dass wir mit der Illusion durch unser Leben laufen, tatsächlich zu wissen, wer wir sind und was wir wollen. Aber dem ist nicht so. Wir verändern uns permanent und mit uns unsere Wünsche, Vorstellungen und Ziele. Wie Eva Glawischnig 1992 als juristische Beraterin einer Umweltschutzorganisation anheuerte, war ihre Primärmotivation dahinter wahrscheinlich nicht, 26 Jahre später im Aufsichtsrat eines Glücksspielkonzerns zu sitzen.

Hey Mrs., Mrs. Greeeen... Auch unser Börserl spürt permanent, wie wandel- und unberechenbar wir sind, indem wir ihm sprichwörtlich auf den Senkel gehen und für teures Geld Tätowierungen entfernen oder Ehen wieder scheiden lassen. So beständig und zukunftsfest eine Liebe auch zu sein schien, müssen wir uns eingestehen, dass sie es paradoxerweise nicht im Ansatz mit der Halbwertszeit des sich am Unterarm befindlichen Unendlichkeitszeichens aufnehmen konnte. Unser früheres Ich ist uns fallweise ein völlig Fremder, dem man am liebsten das Du-Wort entziehen möchte: War ich allen Ernstes mit 14 Jahren der Meinung, man solle entweder Skateboard fahren oder sterben? Ein Pullover beim Ausmisten meines Kinderzimmers legt diesen Verdacht befremdlich nahe. Die Selbsttäuschung, dass wir unser Leben kontrollieren können, ist jedoch wesentlich reizvoller als die Realität der Unvorhersehbarkeit unseres Seins und Treibens.

So bleibt letztendlich nur mehr die aberwitzige Hoffnung, dass auch ein Waldhäusel (vulg. Plumpsklo) in naher Zukunft Respekt erlernen, Moral trainieren und Nächstenliebe leben kann.