Warum ich keine Gender-Reveal-Party feiere
Von Vea Kaiser
Meine Freunde wünschen sich eine Gender-Reveal-Party. Falls Sie (ähnlich wie ich bis vor Kurzem) noch nicht wissen, was das ist: Es handelt sich um einen weiteren amerikanischen Import, der das Potenzial hat, viel Schaden anzurichten. Wie Halloween, Brautjungfern oder Louisianakrebse.
Werdende Eltern laden Familie und Freunde zu einer feierlichen, pompösen Bekanntgabe des Geschlechts ihres ungeborenen Kindes. Und dabei reicht es nicht bloß zu verkünden, ob Spatzi oder Vagi – bei dieser Nachricht muss es knallen. Heuer löste ein Paar mit seiner Gender-Reveal-Party sogar ein Erdbeben in New Hampshire aus, weil es das Geschlecht des Kindes durch das Abfackeln von 36 kg Tannerite bekannt geben wollte, eines Sprengstoffs, der blauen oder rosa Farbrauch verursachen kann. Ein werdender Vater schoss aus dem gleichen Grund 2017 auf eine Zielscheibe, präpariert mit Tannerite und sorgte dadurch nicht nur für geschlechtsenthüllenden Farbrauch, sondern auch für einen Flächenbrand. Ein anderes Paar fackelte vergangenes Jahr sogar 2.800 Hektar Wald ab, weil die Geschlechtsverkündigung mittels Pyrotechnik wortwörtlich daneben ging.
"Wie ich meine Freunde kenne, geht es ihnen weniger um "Gender Reveal" als um Party."
Ich fürchte, die Freude über die Gestalt der Fortpflanzungsorgane unseres Kindes ist mir die Zerstörung des Planeten nicht wert. Wie ich meine Freunde kenne, geht es ihnen weniger um "Gender Reveal" als um Party. Nach Monaten der Entbehrung sehnen sie sich nach Feiern, Festen, Zusammenkünften. Wir haben daher einen Kompromiss gefunden. Wir verzichten auf amerikanischen Babykitsch wie Babyshower-Party und Gender-Reveal und etablieren stattdessen ein neues, Ostösterreich-taugliches Fest: eine Abstillparty, bei der kommendes Jahr die Rückkehr der Mutter zum Weißwein gefeiert wird. Man muss ja nicht jeden amerikanischen Blödsinn mitmachen. Es gibt auch hierzulande genug Irrsinn, mit dem man sich vergnügen kann.