Kolumnen

Töne-Missbrauch

Man kennt das aus den Wartezimmern von Therapeuten, Gruppenpraxen, Kuranstalten: Die Musik-Berieselung auf Basis des kleinsten gemeinsamen Nenners. Weil Klassik, Pop, Volkslied oder Chanson nicht jedermanns Sache sind, gibt es Klassik, Pop, Volkslied und Chanson synthetisiert-verflacht wie im Hotel-Lift.

Beethoven hätte seine 9. Sinfonie nie geschrieben, hätte er gewusst, wie seine Götterfunken später zu LED-Girlanden verkommen. Und hätte man den ersten Tonträger von „Ballade pour Adeline“ damals gleich zerstört, vielleicht wäre und diese akustische Pandemie erspart geblieben.

Dreister ertönt aus nämlichen Lautsprechern nur das Regionalradio mit Hörerwünschen: „Ich würd’ mir bitte gerne den Mark Forster wünschen mit …“.

Ich würd’ gerne wünschen? Ich wünsch’ mir! Und zwar, dass die grammatikalisch ewig unentschlossenen Wünscher ausgewünscht haben; und dass die Zwangsberieselung mit missbrauchten Tönen eine Ende hat.

andreas.schwarz@kurier.at