Standesgemäßes Reisen und die Angst vorm Abstellgleis
Von Simone Hoepke
Ein Bekannter ist nach Australien geflogen. So weit, so uninteressant.
War vor der Corona-Zeitrechnung und er war nur einen Tag dort. Hat sich dennoch ausgezahlt. Wegen der Flugmeilen, die ihn direkt in den HON-Mitgliederkreis katapultiert haben.
Für alle, die mit den Statussymbolen der Vielflieger nix anfangen können: Mitglieder dieses Clubs erkennt man an der schwarzen Mitgliedskarte. Sie dürfen – nachdem sie ein Vermögen für Flüge bezahlt haben – in der First Class Lounge am Flughafen gratis essen und trinken. Manchmal werden sie dann mit der Limousine zum Rollfeld kutschiert. So nun auch unser Vielfliegerfreund. Ziel erreicht, Mission completed. Haken auf der Bucket List.
Leider zu einer saublöden Zeit. Ausgerechnet jetzt, wo Fliegen ziemlich out ist (weswegen er von seinem Super-Vielfliegerstatuts und dem Australien-Trip nur erzählt, wenn er schon ein paar Bier intus hat).
Neuerdings fährt man ja mit dem Zug. Neue Möglichkeiten tun sich auf. Ab 4. Juli gibt es einen Nachtzug von Salzburg nach Sylt. Der wahrgewordene Traum eines Arbeitskollegen, der als Kind Pilot werden wollte, was später allerdings an seiner Flugangst scheiterte.
Er reist ausschließlich mit dem Zug. Am liebsten mit dem Nachtzug. Und gern in die Ukraine, weil dort die Nachtzugabteile so schöne Teppiche haben und am Fenster herrliche Plastikblumen stehen. Ob das in Zeiten der Maskenpflicht noch lustig ist, weiß ich nicht.
Aus meiner Sicht wäre ein imperialer Salonwagen das Nonplusultra der Saison. Schwere Vorhänge, Samt, Plüsch, geschnitzte Tür- und Fensterrahmen, Seidentapeten, Goldstuck. Reisen wie zu Kaisers Zeiten. Und in der Zwischenkriegszeit, als Inflationsritter in den ehemalen Hofzügen durch Europa zogen.
Was aus dieser Zeit überliefert ist: Es zahlt sich aus, den Wagen in der Mitte und nicht am Ende des Zuges zu platzieren. War zwar schon immer teurer, hat aber die Gefahr minimiert, dass man in der Pampa stehen gelassen wird.