Kolumnen

Rettet den Roten Veltliner

In meiner Familie ist man höchstens das zweite Lieblingskind. An erster Stelle steht der Rote Veltliner“, erzählt Josef Mantler junior augenzwinkernd. Er habe schon oft geflucht, weil die Rebsorte so viele Geiztriebe entwickelt. Und kommen kurz vor der Ernte ein paar Millimeter Regen, gibt es bei der Lese rasch (edel)faule Trauben wegzuschneiden. Trotzdem: Wie schon Vater und Großvater, war auch er schnell vom Roten Veltliner fasziniert. Und damit befindet er sich in guter Gesellschaft: Zehn Bio-Winzer bilden neuerdings die Slow Food Community „Roter Veltliner Donauterrassen“. Um die Sorte zukunftsfit zu machen, vermehrt jeder Hof besonders vitale Stöcke weiter.

Es waren die Römer, die diese europäische Ursorte hier entlang der Donau verbreitet haben. Bis zur Einschleppung der Reblaus war sie im heutigen Weinbaugebiet Wagram die Hauptsorte. „Wenn das Wort Schatten nicht so negativ konnotiert würde, könnte man sagen: Der Rote Veltliner war schon immer im Schatten des Mannhartsberges heimisch“, sagt Mantler, dessen Hof im Kremstal zu finden ist. Als sich in den 1920ern der Trend vom Gemischten Satz zu reinsortigen Weingärten drehte, setzten sich Grüner Veltliner und Riesling durch. Nur Opa Mantler fragte sich: Wie schmeckt denn der zart rotbeerige Weißwein eigentlich alleine? Die meisten Stöcke, die heute in Österreich wurzeln – woanders gibt es RV eigentlich nicht –, stammen genetisch irgendwie von Mantlerhof-Klonen ab. Die Traube fällt nicht weit vom Stock.

Sie kostet sich durch die Weinwelt, arbeitet als freie Journalistin und zum Ausgleich in ihrem Weingarten in Niederösterreich.
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