Kolumnen

Nicht mal niesen darf man mehr

Ich bleibe daheim.

Zähle zur Risikogruppe.

Zumindest sehen mich andere als Risiko.

Bin Pollenallergiker.

Schon morgens beim Aufstehen schau ich aus wie ein Boxer, der in der elften Runde k. o. gegangen ist. Noch bevor ich aufstehe, röchle ich wie ein übergewichtiger Mops, der die Treppen zur Futterschüssel im vierten Obergeschoß überwinden muss.

Ein Blick auf pollenwarndienst.at bestätigt: Höchste Alarmstufe. Für alle, die ein Problem mit Birken haben und überhaupt die ganze Menschheit.

Ich wage zu behaupten, dass ich den Weltrekord im Dauerniesen halte.

Würde Dschingis Khan in Corona-Zeiten in die Schlacht ziehen, könnte er mich als Biowaffe ins Feld schicken. Mit meinen Niesattacken schlage ich feindliche Armeen schneller in die Flucht, als irgendwer „Attacke!“ rufen kann. Hab das testweise im Supermarkt ausprobiert. Panik ringsum.

Weiß nicht, wer mehr Angst um sein Leben hatte. Ich oder die anderen.

Seitdem bleibe ich Zuhause.

Auch schön. Schön langweilig.

Ich könnte den Kleiderkasten ausmisten. Aber da ist mir lieber langweilig. Die derzeit so gehypte Aufräum- und Ausmist-Manie halte ich für schwer überbewertet. Meine empirischen Studien widerlegen alles, was Ausmistprofis predigen. Es stimmt nicht, dass man alles wegwerfen kann, was man ein Jahr lang nicht verwendet hat. Beweis dafür ist mein Schreibtisch. Seit meinem Studienabschluss (das war kurz nachdem die Dinosaurier ausgestorben sind) steht er zweckentfremdet im Eck. Als Ablagefläche für alles, was ich später wegräumen werde. Im Grunde konnte man seine Existenz unter dem Haufen von Zeugs zuletzt nur noch erahnen. Dann kam Corona und das Homeoffice. Jetzt sind wir zwei wieder ein Team.

Der Krempel, der am Schreibtisch lag, steckt jetzt im Müllsack daneben. Wollte Selbigen entsorgen. Geht nicht. Mistplatz geschlossen. Aus Angst vor Leuten, die unkontrolliert durch die Gegend niesen. Hab vollstes Verständnis.