Muttertag: Nicht ohne meinen Elefanten
Von Simone Hoepke
Es ist ein altes Ritual: Pünktlich zum 2. Maiwochenende stellt der Mensch panisch fest, dass er ein Geschenk braucht. Dringend, bis kommenden Sonntag. Weil im Kalender „Muttertag“ steht.
Hektik. Sämtliche Lokale im Umkreis von 30 Kilometern durchtelefonieren. Zig Körbe kassieren. Letztlich noch einen kleinen Tisch vor der Klotüre ergattern – was erst evident wird, wenn es zu spät ist. Sprich, wenn die Mama augenrollend vor der WC-Türe Platz nimmt.
Diese Peinlichkeiten bleiben heuer aus. Alle Lokale zu.
Meine Mutter ist erleichtert. Ihre Friseurin ist bis 20. Mai ausgebucht. Erklärungen meiner Mutter, dass sie nicht so lange mit einer Boris-Johnson-Frisur herumrennen kann, haben sie nicht beeindruckt.
Übrigens darf man heuer bei Muttertagsbesuchen nicht seinen imaginären Babyelefanten vergessen, der zwischen einem selbst und den Eltern auf der Küchenbank sitzen muss. Ich bin in einer Gegend aufgewachsen, in der es relativ wenig Babyelefanten gab. Musste erst recherchieren, was genau ich mir darunter vorstellen kann: Ein Vieh mit putzigen 100 Kilo Lebendgewicht.
Ansonsten scheinen diese Rüsseltiere recht menschlich zu sein. Mit 14 Jahren kommen sie in die Pubertät, wenden sich von der Mutter ab, ziehen mit anderen Halbstarken durch die Gegend, auf der Suche nach einem potenziellen Partner. Ein Vorhaben, das bei Elefant und Mensch tendenziell erst viele Jahre später gelingt (bei Elefanten meist, wenn sie über 20 sind – bei Menschen hört die Suche oft ein Leben lang nicht mehr auf, weshalb sie länger hinter ihren Müttern hertrotten, als es denen mitunter lieb ist).
Meine Mutter ist vom Babyelefanten-Gerede genervt. Aus ihrer Sicht hätte man auch Pony, Ziege oder Bernhardiner sagen können. Oder einfach einen Meter. Noch mehr nervt sie der Muttertag, den sie noch nie feiern wollte.
Im Gegensatz zur Schwiegermutter. Sie bekommt normalerweise einen Ausflug nach Grado geschenkt. Wäre in Corona-Zeiten völlig daneben.
Womit die Hektik losgeht.