Muskelkater. Weil ich bei jedem Blitz zusammengezuckt bin
Von Simone Hoepke
Eine Bergtour gehört geplant. Damit ist das Problem auch schon umrissen.
Ich plane prinzipiell erst am Vorabend, sofern nicht wieder was dazwischen kommt. Irgendwann nach der ZiB2 die Erkenntnis, dass ich vergessen habe, eine Jause zu kaufen – ergo kurz nach Mitternacht aufstehen muss. Weil ich vor Sonnenaufgang bei einer Tankstelle einreiten muss, um ein kleines Vermögen gegen Weckerl, Schokoriegel und das obligatorische Gipfel-Bier einzutauschen. Die Vorstellung ist so ermüdend, dass ich sofort einschlafe – bis der Wecker läutet. Und kurz darauf das Telefon – Weckruf von Kirsten.
Mit ihr steh’ ich im Morgennebel am Parkplatz der Talstation. In Funktionskleidung, am Rücken ein tonnenschwerer Rucksack. Ich frag’ mich, woher das Gewicht kommt. Das XXL-Schinken-Käse-Baguette von der Tanke kann es nicht sein. Es liegt mir bereits im Magen.
Später am Gipfel: Schweiß rinnt mir über Stirn und Rücken. Schuld ist die Jacke, die ich noch immer anhabe. Aus Faulheit. Den Rucksack wuchte ich beim Wandern prinzipiell nur vom Buckel, wenn es gar nicht anders geht. Etwa, weil ich vor dem Gipfelkreuz stehe, das nach dem Gipfelbier verlangt. Ich reiche Kirsten eine Dose, ziehe die verschwitzte Jacke aus, stöbere in den Tiefen des Rucksacks nach dem Ersatzleiberl. Vergebens. Liegt zu Hause, am Schuhkastl. Na dann, Prost! Das Bier hat die Temperatur eines Whirlpools, aber das stört am Berg nie. Dort überschüttet uns jemand mit Gelassenheit und Glücksgefühlen. Das haben Wissenschaftler bestätigt. Kein Vergleich zum öden Joggen auf dem Laufband.
Es tröpfelt.
Nicht von meiner Stirn, vom Himmel. Gießt plötzlich wie aus Kübeln. Meine Regenjacke hilft nicht. Sie liegt daheim, am Schuhkasten. Donner. Blitz. Sturmböen. Wir laufen.
Am Abend liege ich auf der Couch. Eingehüllt in Decken, zufrieden. Ich spüre den Muskelkater. Nicht in den Waden, im Nacken- und Schulterbereich. Kommt davon, dass ich bei jedem Blitz und Donner panisch zusammengezuckt bin.
Nächste Woche checke ich zumindest den Wetterbericht, bevor ich zur Tanke fahre ...