Kolumnen

Meine Karriere als Waldbademeister ist schon beendet

Eine Nachricht aus dem deutschen Saarland poppt in meinem Posteingang auf. Eine Weißtanne wurde im Bliesgau gepflanzt. Sehr interessant. Es handelt sich nämlich um meine Tanne. Kürzlich habe ich eine Patenschaft für sie übernommen.

Jetzt kann ich die Tanne (auf den Fotos erkenne ich sie sofort wieder) im Biosphärenreservat besuchen kommen und ihr dort beim Wachsen zuschauen, steht im Mail des dortigen Tourismusverbandes. Für den Fall, dass der Baum und ich uns nicht auf Anhieb wiedererkennen, sind im Mail die genauen GPS-Koordinaten des Baumes angeführt. Sowie die Preisliste für das angrenzende Glamping-Ressorts. Ich erwäge, sofort loszufahren.

Glamping ist eine Wortkombination aus Glamour und Camping. Mit dem Plastikwurfzelt von einst hat das nichts zu tun. Hier geht es um ausgefallene Luxusbleiben. Etwa Leinen-Zelte, in denen man aufrecht auf Perser-Teppichen stehen kann, bevor man sich das Badetuch über die Schulter wirft und zum holzverkleideten, blubbernden Jacuzzi vor dem Zelt schlapft. So stellt sich der Städter einen Abenteuer-Urlaub im Wald vor.

Im Trend ist auch Waldbaden. Heißt auf Japanisch Shirin Yoku und bedeutet im Wesentlichen, durch Wälder zu streifen. Spüren, wie das Moos unter den Füßen einsinkt. Hören, wie die Vögel zwitschern. Sehen, wie die Baumwipfel im Wind schaukeln. Das soll Dauergestresste vor Burn-out und Schlaflosigkeit retten, die Konzentration steigern. In Japan gibt es Shinrin Yoku längst auf Krankenschein.

Klingt gut. Österreich ist zu 48 Prozent bewaldet. Also teste ich Shinrin Yoku gleich hier. Springe in einen Laubhaufen, versinke darin, schau in die Baumkronen, bin entspannt. Bis etwas über mein Gesicht krabbelt. Auf der Welt gibt es Millionen Spinnen, zusammengenommen wiegen sie 25 Millionen Tonnen (haben Wissenschaftler nachgewogen). Das muss eine davon gewesen sein. Ich hör mich kreischen.

Meine angehende Karriere vom Baumpaten zur Waldbademeisterin ist schon beendet.