Für Whisky bin ich einfach noch zu jung
Von Simone Hoepke
Gut gemeint ist das Gegenteil von gut. Die Geschenkbox am Küchentisch ist der hölzerne Beweis dafür.
Schwarz, Schuhschachtel-groß, gefüllt mit Papierschnipseln, kleinen Whiskyflaschen und der Einladung zur Online-Verkostung.
Gänsehaut, Schüttelfrost.
Mich graust’s vor Whisky.
Schuld ist Humphrey Bogart. Der Casablanca-Star („Schau mir in die Augen, Kleines“) hat sich mit Ansagen wie „Man muss dem Leben immer mindestens einen Whisky voraus sein“ ein Denkmal gesetzt. Als Teenager war ich beeindruckt. Hab den Wahrheitsgehalt der Aussage einem Reality-Check unterzogen. In Gesellschaft von Freunden und einer Flasche Jack Daniel’s.
Der erste Vollrausch. Verlust der Muttersprache. Kloschüssel. Die beste Freundin, die mir die Haare aus dem Gesicht hält, während ich mir den Inhalt der Jacky-Flasche noch mal durch den Kopf gehen lasse.
Nie wieder hab ich Whisky angerührt. Schon vom Geruch dreht es mir den Magen um.
Jetzt also die Online-Verkostung.
Tapfer wähle ich mich zur Videokonferenz ein. Lauter professionelle Barkeeper, ein paar Teilzeit-Experten. Komm’ mir vor, wie ein Nichtschwimmer, der sich in einen Synchronschwimmwettbewerb verirrt hat. Um Haltung bemüht schnüffle ich an Glas Nummer 1, halte dabei die Luft an. Nippe. Mit fest zusammengepressten Lippen. Nicke bedächtig.
Lausche den Experten.
Whisky-Fässer dürfen in den USA nur einmal benutzt werden. Ein uraltes Gesetz, das dafür sorgt, dass massenweise gebrauchte US-Weißeichen-Fässer zu europäischen Destillerien verschifft werden.
Nächstes Fläschchen, 23 Jahre alter Inhalt. Schnüffeln, kosten. Expertentalk.
Nächste Sorte. Riechen. Ich werde unaufmerksam. Vergesse, die Luft anzuhalten, mir wird übel.
Schuld ist das Alter.
„Der allgemeine Glaube, dass Whisky im Alter besser wird, ist wahr. Je älter ich werde, desto mehr mag ich ihn“, hat der schottische Komiker Ronnie Corbett gesagt.
Ich bin eindeutig zu jung.