Kolumnen

Fabelhafte Welt: Wieder daheim

Früher war das Schlimmste am Verreisen, zurückreisen zu müssen. Überall war es schöner als zuhause. Und das ist auch gut so: Jeder von uns sollte irgendwann ausziehen, um anzuerkennen, wie groß und schön und toll die Welt ist. Heuer war ich dank meiner 100-Stationen-Lesereise jedoch mehr unterwegs, als der Normalsterblichen zuträglich ist.
Vielleicht werde ich alt, vielleicht waren es zu viele Stunden auf Schiene, vielleicht liegt es daran, dass mich meine kleine Familie aus Mann, Hund, Weinkeller und Holzofen vermisst, aber in diesem Jahr bestand für mich der Höhepunkt einer jeden Reise in der Rückreise. Kleinigkeiten, die ich mit zuhause assoziierte, lösten bei mir unbändige Freude aus: das rote Beinkleid der AUA-Flugbegleiterinnen, der beim Einsteigen aus den Boxen scheppernde Donauwalzer, das Panorama der Stadt Salzburg, wenn der Zug über die Salzach rollt.
Zuhause wurde für mich zu jenem anzustrebenden Zustand, wenn das, was man über die Gehsteigkante schleppt, der Pensionistenporsche oder der Hund ist, nicht jedoch der Rollkoffer.
Doch was zuhause bedeutet, ist für uns alle verschieden. Mit der Familie zu sein, eine besondere Landschaft oder die Natur zu genießen, gewisse Platten zu hören, Schweiß im Lieblingsfitnessstudio zu riechen oder das Bücherregal zu streicheln.
Und manche, mir besonders rätselhafte Gestalten, fühlen sich am meisten zuhause, wenn sie unterwegs sind. Zuhause kann Österreich bedeuten, muss es aber nicht. Rund um den Nationalfeiertag erörtern zahllose Texte, was Österreich eigentlich ausmacht. Immer, wenn ich im Ausland lebende Österreicher treffe, frage ich diese, was sie am bittersten vermissen. Die Antwort ist immer die gleiche: das Brot.
Und tatsächlich, auch das kann Nachhause-Kommen sein: Ein Bissen in unser resches, würziges und wahrlich einzigartiges Brot.

vea.kaiser@kurier.at