Fabelhafte Welt: Wenn die Liebe verfliegt
Von Vea Kaiser
Als neulich mein Heimflug eineinhalb Stunden verspätet war, setzte ich mich ins Flughafenrestaurant, um eine Kleinigkeit zu essen und meine Mails aufzuarbeiten. Ich war sehr konzentriert, denn ich wollte diese Arbeit vor Ort erledigen und zuhause Feierabend machen. Zunächst merkte ich gar nicht, wie ein Pärchen auf dem Tisch vor mir Platz nahm. Als jedoch die fünfköpfige Familie hinter mir aufstand, wurde es so leise, dass ich nicht umhin konnte zu überreißen, dass sich einen Meter von mir entfernt eine Tragödie anbahnte.
Die Frau war quietschfidel und wollte mit ihrem Liebsten turteln. Sie griff ständig nach seiner Hand und aus dem Augenwinkel fiel mir auf, dass er ihr diese jedes Mal entzog. Bis etwas in ihm zu platzen schien und er ihr erklärte, dass ihm diese Reise klargemacht habe, dass er sie nicht liebe. Ich kramte sofort nach meinen Kopfhörern, doch deren Akku war leer. Ich versuchte wirklich, nicht hinzuhören, summte Lieder, schaffte es einigermaßen, mich rein auf meine Mails zu konzentrieren, doch als ich über eine Formulierung nachdenkend aufblickte, traf mich ihr verheulter Blick. Ich erstarrte, weil es unmöglich ist, nicht zu erstarren, wenn man in den Augen eines anderen Menschen soeben zerplatzte Träume sieht.
Hektisch schaute ich wieder auf meinen Laptop, doch als mein Essen eintraf, begegnete ich abermals ihrem Blick. Ihr Kummer wandelte sich in Zorn und giftig zischte sie mich an, ob ich jetzt zufrieden sei, wo ich deutlich sähe, wie unglücklich sie war. Mir gefror das Blut, und ich wollte schon entschuldigend antworten, dass ich nicht mit Absicht hier säße, doch dann biss ich mir auf die Zunge. Ich konnte völlig verstehen, warum sie so wütend auf mich war. Denn es ist immer leichter, den Zorn darüber, dass eine Liebe zerbricht auf alles andere zu richten, als auf den, der die Liebe zerbricht.
vea.kaiser@kurier.at