Kolumnen

Fabelhafte Welt: Prinzessin auf der Sojabohne

Nachdem ich mir vor lauter Freude über das Erstgeborene meines besten Freundes den Finger gebrochen hatte, folgte Unerfreuliches. 99 Prozent aller gebrochenen Finger können konservativ mit einer Schiene behandelt werden. Ein Prozent jedoch bricht so kompliziert, dass man operieren muss. Leider gehörte ich schon immer zu demjenigen, ansatzwahnsinnigen Teil der Bevölkerung, der Unternehmungen entweder ganz oder gar nicht betreibt. Zitat Unfallchirurgin: „Der war völlig zerbröselt.“ Und doch war ich bis dato Operationsjungfrau. Mein erstes Mal lief unerwarteterweise sehr super. Die Schwestern waren reizend, die Ärzte und Ärztinnen irre kompetent, die Bettenfahrer lustig und mein Anästhesist ein Genie. Ich weiß nicht, was der mir spritzte, aber ehe ich mit betäubtem Arm, der wie ein Gummihendl aus meinem Rumpf hing, im OP wegdämmerte, war meine einzige Sorge, ob sich die grünen Teletubbies, die um mich herumwuselten, in diesem fürchterlich kalten Raum eh nicht verkühlten. Das Unangenehmste war (abseits der Schmerzen, aber die gehören dazu) tatsächlich meine gleichaltrige Zimmernachbarin. Ich krönte sie im Geiste zur „Prinzessin auf der Sojabohne“, denn nichts verlief zu Ihrer Majestäts Zufriedenheit. Z. B. dass die Visite kam, als sie am Klo war. Dass man ihr post-operativ „Chemie“ verabreichte und nicht mit Globuli arbeitete. Dass ihre (unkomplizierte) OP wegen eines Notfalls verschoben werden musste, und sie einen Tag umsonst nüchtern war. Wie ich recherchierte, ist das übrigens einer der Hauptpunkte, über den sich Patienten bei den Ombudsstellen beschweren: Wenn Österreicher zehn Stunden lang ihr Happihappi nicht bekommen, brennt der Hut. Aber falls das tatsächlich eines der größten Probleme unseres Gesundheitssystem ist, war meine schmerzmitteldamische Wahrnehmung gar nicht so falsch, und das Meiste läuft sehr super.

vea.kaiser@kurier.at