Fabelhafte Welt: Leicht ist es miteinander nicht
Von Vea Kaiser
Der Mythos von Europa und ihren Nachkommen zählt zu meinen liebsten griechischen Sagen. Sie beginnt nämlich romantisch, und wird dann ziemlich arg. Also: Europa war eine wunderschöne phönizische Prinzessin. Der Göttervater Zeus verliebte sich in sie. Um ihr Vertrauen zu erwecken, näherte er sich ihr in Gestalt eines weißen, lieben Stieres, doch als sie treuherzig auf seinem Rücken aufritt, galoppierte er mit ihr ins Meer hinaus und schwamm bis nach Kreta, wo er sie in einer Höhle beglückte. Europa gebar Minos, der zum König aufstieg. Minos jedoch war ein Schlitzohr und hinterging den Meeresgott Poseidon, woraufhin Poseidon Minos’ Ehefrau Pasiphae mit Wahnsinn strafte, der sie in erotisches Begehren nach einem Stier ausbrechen ließ. Um ihr Leiden zu lindern, konstruierte ihr der Baumeister Daedalos eine „Kuh-Atrappe“, in die Pasiphae schlüpfen und mit dem Stier verkehren konnte. Daraus entstand der Minotaurus: ein Monster, das in einem von Daedalos erbauten Labyrinth lebte und sich von athenischen Kindern ernährte. Pasiphae wiederum war erpicht darauf, dass Minos ihr treu blieb. Und so verzauberte sie ihn, auf dass er bei außerehelichem Verkehr Schlangen, Skorpione und grauslich-giftiges Getier ejakulierte, das seine Konkubinen sofort tötete. Das Unheil jedoch brachte die eigene Tochter Ariadne über die beiden, welche einen feindlichen Prinz unterstützte, den Minotaurus umzubringen. Der Prinz versprach Ariadne die Hochzeit, ließ sie jedoch auf einer einsamen Insel im Mittelmeer zurück.
Und die Moral von der Geschicht’? Leicht ist es miteinander nicht. Der eine will etwas, das den anderen ins Unglück stürzt, dabei ist natürlich nicht garantiert, dass uns unsere eigenen Bedürfnisse immer glücklich machen. Und doch ist man zusammen stärker. Denn allein auf einer Insel wird’s mit der Zeit ziemlich fad.
vea.kaiser@kurier.at